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Verbraucherrecht und Vertragsrecht | 04.04.2016

Widerruf

Anwältin zum Widerrufs­recht bei Fern­absatz­verträgen: Widerruf - Neues Mittel zum Preis­dumping?

Verbraucher haben das Recht Verträge innerhalb von 14 Tage ohne Angabe von Gründen zu widerrufen

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 146/15)

Das Widerrufs­recht für Verbraucher­kunden besteht nicht nur im klassischen Online­handel. Auch bei Verträgen die „außerhalb der Geschäfts­räume“ geschlossen werden, also beim Kunden vor Ort oder auf der Baustelle, haben Verbraucher das Recht den Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Das dem Verbraucher­schutz dienende Widerrufs­recht, birgt für Unternehmen erhebliche Risiken. Das veranschaulicht ein aktueller Fall des BGH sehr prägnant.

Was ist passiert?

Der Käufer bestellte sich über das Internet für private Zwecke zwei Matratzen bei der beklagten Verkäuferin. Die Matratzen wurden geliefert und vom Käufer auch bezahlt. Im Anschluss an den Kauf, entdeckte der Käufer dann jedoch bei einem anderen Unternehmen die Matratzen zu einem günstigeren Preis. Er verlangte von der Verkäuferin die Preis­differenz in Höhe von knapp 33 Euro unter Verweis auf die „Tiefpreis­garantie“ der Beklagten. Zugleich kündigte er auch an, dass er ansonsten von seinem Widerrufs­recht Gebrauch machen werde. Eine Einigung kam nicht zustande, sodass der Käufer den Vertrag tatsächlich widerrief und die Matratzen zurück­schickte. Er verlangt nunmehr die Rück­zahlung des gesamten Kaufpreises. Die beklagte Verkäuferin lehnte das mit der Begründung ab, dass der Widerruf rechts­missbräuchlich und deshalb unwirksam sei. Das Widerrufs­recht diene dem Zweck, dass der Kunde die Ware ansehen und prüfe könne. Nicht aber um Rabatte zu erhalten oder um Preis­dumping zu betreiben.

Die Entscheidung

Der Bundes­gerichts­hof (BGH - Az. VIII ZR 146/15) gab der Klage des Kunden statt. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Kläger den Vertrag wirksam widerrufen und somit den Kaufpreis zurück verlangen. Das sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es dem Käufer um die Durch­setzung eines günstigeren Preises ging.

Der Widerruf eines Vertrages setzt einzig und allein voraus, dass dieser frist­gerecht erklärt wird. Die Angabe von Gründen sei hingegen nicht erforderlich. Der Verbraucher soll durch das Widerrufs­recht ein einfaches und unkompliziertes Mittel zur Loslösung vom Vertrag bekommen. Es komme somit nicht darauf an, warum der Kunde widerruft.

Nur in eng begrenzten Ausnahme­fällen sei ein Widerruf ausgeschlossen, zum Beispiel bei Arglist des Verbrauchers oder bei einer Schädigungs­absicht bzw. bei Schikane.

Diese Ausnahme­fälle lagen nach Ansicht des BGH im entschiedenen Fall nicht vor. Allein der Umstand dass der Käufer Preise verglichen hat und klar gemacht hatte, den Vertrag bei Zahlung der Preis­differenz nicht zu widerrufen, stelle kein rechts­missbräuchliches Verhalten dar.

Das Verhalten des Kunden sei vielmehr nur die Folge des gesetzlich einschränkungslos gewährten Widerrufs­rechts. Den sich hieraus ergebenden Wettbewerbs­druck könne der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen.

Fazit

Ob diese Auslegung und ein weitreichendes Verständnis des Widerrufs­rechts tatsächlich noch dem Zweck „Verbraucher­schutz“ dient, scheint fraglich. Bereits die Entscheidung des AG Bad Segebergs (13.04.2015 - Az: 17 C 230/14) verdeutlicht die ungeahnten Haftungs­risiken für Unternehmen sehr deutlich.

Da das Widerrufs­recht nicht ausgeschlossen werden kann, ist Unternehmen dringen zu empfehlen, sowohl die Informations­pflichten als auch die Widerrufs­belehrung stets zu erteilen. Ansonsten können neben dem eigentlichen Widerruf (der ohne Belehrung 1 Jahr und 14 Tage ausgeübt werden kann) auch kosten­pflichtige Abmahnungen und Schadens­ersatz­ansprüche drohen.

Bei Verträgen außerhalb von Geschäfts­räumen sollten Unternehmen sich die Einwilligung zur sofortigen Ausführung der Arbeiten unter Verzicht auf das Widerrufs­recht nachweislich (!) einholen! So kann das Kosten­risiko zumindest minimiert werden.

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