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Vorliegend war der Betroffene außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h zu schnell gefahren. Vor Ort gab er gegenüber dem Messbeamten an, er habe es eilig gehabt, weil seine Mutter gestürzt sei, sein Vater schon ein hundertprozentiger Pflegefall sei und er seiner Mutter zu Hilfe habe eilen wollen, da keine anderweitige Hilfe zur Verfügung gestanden habe.
AG verurteilte Autofahrer wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und verhängt Fahrverbot von einem Monat
Das Amtsgericht verneinte das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes gemäß § 16 OWiG, da sich der Betroffene zum Messzeitpunkt nur noch ca. 3 Minuten Fahrtzeit vom Hof seiner Eltern entfernt befunden habe, und verurteilte ihn wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 46 km/h zu einer Geldbuße von 380 Euro und verhängte ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat gegen ihn.
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr
Gegen dieses Urteil legte der Betroffene durch seinen Verteidiger Rechtsbeschwerde ein. Das Oberlandesgericht schloss sich im vorliegenden Fall der Auffassung des Amtsgerichts an und sah einen rechtfertigen Notstand nicht als gegeben an. Denn die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit war schon kein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr, da sie im konkreten Fall allenfalls nur einen geringen Zeitgewinn bewirkt hat. Zudem ist es auch in einer ländlichen Gegend nicht ausgeschlossen, dass ein Notarzt, etwa weil er ohnehin in der Gegend unterwegs ist, in einer kürzeren Zeitspanne hätte Hilfe bringen können.
Medizinischer Notfall rechtfertigt nicht zwingend Notstand
Das OLG Celle führte zur Rechtslage in Notfällen aber Folgendes aus: Grundsätzlich kann die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit dem Ziel, einer anderen Person Hilfe zu leisten, nach § 16 OWiG gerechtfertigt sein. Dies hängt jedoch jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab und setzt voraus, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überhaupt ein geeignetes zur Gefahrenabwehr darstellt. Eine Rechtfertigung durch Notstand kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene lediglich einen medizinischen Notfall behauptet. Er müsse vielmehr auch vortragen, dass er vergeblich einen anderen Ausweg aus der Notsituation gesucht habe, z.B. durch Benachrichtigung eines Arztes oder der Feuerwehr.
Exkurs: § 16 OWiG: „Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre oder Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“
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