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Freiheitsstrafen und höhere Geldstrafen sind im Umgang mit Klimaaktivisten aus Sicht der meisten Experten nicht das Mittel der Wahl. Das zeigte sich am Mittwoch bei einer Anhörung von Sachverständigen zu einem Vorschlag der Union für entsprechende Strafverschärfungen im Rechtsausschuss des Bundestages. „Wir würden unnötig junge, engagierte Menschen kriminalisieren“, sagte die Kriminologin Katrin Höffler von der Universität Leipzig.
„Alle anderen Rechtsgüter“ nicht automatisch zweitrangig
Bei den Aktivisten, die sich auf Straßen festklebten, um die Bundesregierung zu mehr Tempo im Kampf gegen die Erderwärmung zu drängen, handele es sich meist um „gut ausgebildete Leute“, die in der Regel nicht durch Gewalttaten auffielen. Thomas Fischer, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, gab allerdings zu bedenken, dass durch das „Fernziel Klimaschutz“ nicht automatisch „alle anderen Rechtsgüter“ zweitrangig würden. Schließlich seien beispielsweise auch „Frieden“ oder „Kindeswohl“ sehr wichtige Ziele.
Aktuelle Strafrahmen ist ausreichend
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält ebenfalls nichts von härteren Strafen. Der aktuelle Strafrahmen sei ausreichend, um mit diesem Phänomen umzugehen, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, Sven Hüber. Notwendig wäre es dagegen, vor dem Hintergrund der Aktionen von Gruppen wie die Letzte Generation die unterschiedlichen Polizeigesetze der Länder zu harmonisieren. Vor allem beim „Vorsorgegewahrsam“ gebe es gravierende Unterschiede, betonte Hüber.
Bürger können in Bayern bis zu einen Monat lang festgehalten werden
Nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz können Bürger auf richterlichen Beschluss hin bis zu einen Monat lang festgehalten werden, um die Begehung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat zu verhindern. Dieser Zeitraum kann um maximal einen Monat verlängert werden.
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Neue polizeiliche Datenbank wäre möglich
Es sei zu begrüßen, dass die Innenminister von Bund und Ländern beschlossen hätten, ein Lagebild zu sogenannten „Klimaklebern“ erstellen zu wollen, sagte Hüber. Im Anschluss könne eine neue polizeiliche Datenbank geschaffen werden, etwa um präventive Maßnahmen oder „Gefährderansprachen“ durchführen zu können.
Hintergrund: Von Union angestrebte StGB-Änderung
Anlass der Sachverständigen-Anhörung war ein Antrag der Unionsfraktion, der unter anderem Änderungen in einem Paragrafen des Strafgesetzbuches vorsieht, in dem es um gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr geht. Nach den Vorstellungen von CDU und CSU sollte dieser Tatbestand „so ausgestaltet werden, dass die Täter bereits dann bestraft werden, wenn die Blockade dazu geeignet ist, Leib und Leben eines Menschen zu gefährden und die Täter nur billigend in Kauf nehmen, dass Rettungsdienste nicht zu Unfallopfern durchkommen“.
Leitung der Deutschen Polizeigewerkschaft für härtere Strafen
Für härtere Strafen sprach sich auch die Leitung der Deutschen Polizeigewerkschaft aus. In ihrer Stellungnahme hielt sie fest, die „hohe Inanspruchnahme der Polizei und anderer Einsatzkräfte“ sei unverantwortlich und schade der Inneren Sicherheit. „Polizei und Rettungsdienste sind auch und gerade in der Hauptstadt in nie dagewesener Weise im Einsatzgeschehen gefordert.“
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Verkehr auf Zufahrtsstraßen vorübergehend immer wieder lahm gelegt
Seit einem Jahr legen Aktivisten der Gruppe Letzte Generation in vielen Großstädten immer wieder den Verkehr auf Zufahrtsstraßen vorübergehend lahm. Mehrfach kam es zu Zusammenstößen mit genervten Autofahrern. Für besonders heftige Kritik sorgte, dass durch die Blockaden in einigen Fällen Rettungskräfte auf dem Weg zu Unfallopfern oder Notfall-Patienten aufgehalten wurden.