Rechtsschutzversicherung verweigerte die Deckung
Ein Geschädigter hatte einen PKW des VW Konzerns erworben, der von den Manipulationen betroffen ist. Die ÖRAG Rechtsschutzversicherung verweigerte die Deckung, weil der Geschädigte zunächst die Nachbesserung abwarten müsse. Die ÖRAG meint, der Mangel könne durch einen finanziellen Aufwand von EUR 60.- bis 200.- behoben werden. Daraufhin gab die von dem Geschädigten beauftragte Rechtsanwaltskanzlei ein nach den Versicherungsbedingungen vorgesehenes Gutachten (sog. Stichentscheid) ab, welches die ÖRAG Rechtsschutzversicherung bindet. Dennoch verweigerte die ÖRAG Rechtsschutzversicherung die Deckung. Für das Vorgehen gegen die Volkswagen AG greife ein Risikoausschluss ein. Der Geschädigte erhob daraufhin eine Deckungsklage gegen die ÖRAG Rechtsschutzversicherung vor dem Landgericht Freiburg.
Risikoausschluss greift nicht
Der Ansicht der ÖRAG erteilte das Landgericht Freiburg eine Absage. Das Landgericht Freiburg stellte fest, dass hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, weil sich bisher im VW Skandal keine herrschende Meinung gebildet habe. Es sei jedenfalls „ohne weiteres vertretbar“, dass als Folge des Abgasskandals ein Anspruch des Klägers aus Gewährleistungsrecht gegenüber dem Autohaus auf Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs und ein inhaltsgleicher Anspruch aus Deliktrecht gegen die Volkswagen AG besteht.
Rechtsschutzversicherung hätte den Fall unverzüglich ablehnen müssen
Das Landgericht Freiburg hat außerdem festgestellt, dass die ÖRAG Rechtsschutzversicherung den Fall nicht unverzüglich (binnen 2 Wochen) abgelehnt hat und sie sich deshalb nicht auf Mutwilligkeit berufen kann. Im Übrigen sei der gefertigte Stichentscheid bindend. Dieser weiche nicht offenbar und erheblich von der wirklichen Tatsachen- und Rechtslage ab. Hinsichtlich des Verfahrens gegen die Volkswagen AG greife kein Risikoausschluss in den Versicherungsbedingungen.
Regulierungspraxis der Rechtsschutzversicherungen im VW Abgasskandal ist rechtswidrig
Nach dem die Landgerichte Essen, 18 O 68/16, Baden-Baden, 2 O73/16, Karlsruhe, 8 O 53/16 und Passau, 4 O 131/16 die ÖRAG Rechtsschutzversicherung bereits verurteilt hatten, hat auch das Landgericht Freiburg nunmehr der Regulierungspraxis der ÖRAG Rechtsschutzversicherung im VW Abgasskandal eine Absage erteilt und eindeutig festgestellt, dass das Verhalten der ÖRAG rechtswidrig ist. Hervorzuheben ist, dass das Landgericht Freiburg das Rücktrittsbegehren des Klägers sowohl gegenüber dem Autohaus als auch gegenüber der Volkswagen AG für plausibel und nachvollziehbar hält.
Auch das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, 6 C 368/16 hat bei einer Klage gegen die HUK-Coburg zu Beginn des Prozesses darauf hingewiesen, dass Erfolgsaussichten bestehen und die HUK die Klage anerkennen soll und zwar ohne dass eine Stellungnahme der HUK vorlag.
Mangel am Fahrzeug nicht unerheblich
Zwischenzeitlich haben die Landgerichte München I, 23 O 23033/15 und Lüneburg, 4 O 3/16 zugunsten von VW-Geschädigten geurteilt. Beide Gerichte haben entschieden, dass die manipulierten Fahrzeuge an die Händler zurückgegeben werden können. Das Landgericht Lüneburg hat festgehalten, dass ein Geschädigter nicht Monate abwarten muss. Es könne nicht zulasten des Geschädigten gehen, wenn VW nicht innerhalb kürzester Zeit nachbessern kann. Es liege auch kein unerheblicher Mangel vor, da der Aufwand offensichtlich nicht nur 100 Euro betrage,sondern auch die Entwicklungskosten für die neue Software mit ein zu berechnen seien. Außerdem sei der Mangel deshalb nicht unerheblich, weil die Behebung die Einbeziehung des Kraftfahrt Bundesamtes erfordere.
Auch das Amtsgericht Lehrte hält eine Klage gegen einen Händler für zulässig und begründet
Auch das Amtsgericht Lehrte, 13 C 549/16 hält eine Klage gegen einen Händler für zulässig und begründet. Mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Lehrte begehre der Kläger die Feststellung, dass der Händler dem Grunde nach verpflichtet sei, aus dem Kaufvertrag Mängelgewährleistung und Schadensersatz zu leisten. Wie die Pressestelle berichtet, habe das Amtsgericht Lehrte im Rahmen der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass es die Klage für zulässig und begründet halte. Insbesondere sei der geltend gemachte Mangel nicht unerheblich. Dies werde schon daran deutlich, dass das Kraftfahrtbundesamt den Rückruf der von der Manipulation betroffenen Fahrzeuge angeordnet habe.
Gerichte entscheiden immer mehr zugunsten der Verbraucher
Die Rechtsprechung zeigt zwischenzeitlich verbraucherfreundliche Tendenzen, sowohl hinsichtlich der Verfahren gegenüber den sich teilweise weigernden Rechtsschutzversicherungen (es ist festzuhalten, dass die überwiegende Anzahl der Versicherer die Verfahren finanziert) als auch gegenüber den Autohändlern.
„Die neuesten Entscheidungen verschiedener Gerichte sind für die VW-Geschädigten sehr erfreulich. Sie zeigen, dass in Deutschland grundsätzlich eine verbraucherfreundliche Rechtsprechung vorherrscht. VW-Geschädigte sollten sich daher nicht unterkriegen lassen und weiter für ihre Rechte kämpfen. Es ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen,“ so Rechtsanwalt Ralph Sauer aus Lahr.
Anwalt im VW Abgasskandal
Wenn Sie als Geschädigter einen Anwalt zum Thema VW Abgasskandal suchen, dann finden Sie hier im Deutschen Anwaltsregister (DAWR) eine Anwaltsliste zum VW Abgasskandal.