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EU-Recht und Familienrecht | 14.02.2023

Ehe­einwilligung

Nur mit Vaters Jawort? Heirat von Iranerinnen in Deutschland

Einwilligung des Vaters kann auch bei Heirat von Iranerinnen in Deutschland gefordert werden

Heiraten bedeutet nicht nur Romantik, sondern auch Papierkram. Vor allem für ausländische Ehewillige. Eine böse Überraschung erleben viele Iranerinnen in deutschen Standes­Ã¤mtern.

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Bei den Eltern um die Hand der Tochter anhalten - was hierzulande eine traditionelle, aber oft nur noch symbolische Geste ist, ist für andere Pflicht. Nach islamischem Recht brauchen Frauen die Zustimmung ihres Vaters, um zu heiraten. Als Azin Sadati-Schmutzer einen Heirats­antrag von ihrem deutschen Freund bekommt, erwartet die Iranerin nicht, dass die patriarchalischen Gesetze ihres Heimat­landes sie auch beim Standesamt in Stuttgart einholen könnten. Und doch steht die „Ehe­einwilligung des Vaters“ in der Liste von Unterlagen, die das Amt für die Anmeldung der Ehe sehen will.

Iranisches Eherecht gilt auch in Deutschland

Dass islamische Gesetze in Deutschland gelten, liegt in erster Linie an einem fast 100 Jahre alten Vertrag: dem deutsch-iranischen Nieder­lassungs­abkommen von 1929. Es regelt unter anderem, dass für Iranerinnen und Iraner in Deutschland iranisches Eherecht gilt. Das wäre aber auch ohne das Abkommen der Fall: Alle Aus­länderinnen und Ausländer, die in Deutschland heiraten wollen, haben grund­sätzlich die Regeln ihres Heimat­staates zu beachten. Sie müssen ein sogenanntes Ehe­fähigkeits­zeugnis ihres Herkunfts­landes vorlegen oder ihre Ehe­fähigkeit vom Oberlandes­gericht prüfen lassen. Ziel ist, dass eine in Deutschland geschlossene Ehe auch im Heimatstaat der Ehewilligen anerkannt wird.

„Das war wie ein Kulturschock“

Sadati-Schmutzer wollte ihre Ehe von Anfang an nicht im Iran anerkennen lassen. Ihren Ehemann hatte sie 2016 im Libanon kennen­gelernt, wo sie als studierte Bildhauerin für ein Kunst­projekt mit Flüchtlingen arbeitete. Ein Jahr später kam sie nach Deutschland. Seitdem plant sie nicht, in ihre Heimat zu reisen. Außerdem ist ihr Mann kein Muslim. Sie darf ihn daher nach islamischem Recht gar nicht heiraten. Trotzdem musste die Iranerin eine Ehe­einwilligung beim Standesamt in Stuttgart vorlegen. „Das war wie ein Kultur­schock“, sagt Sadati-Schmutzer. Sie habe sich als Mensch zweiter Klasse gefühlt.

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Hälfte der Gerichte fordern Eheeinwilligung des Vaters oder Großvaters

Zwei Lager gibt es bei der Frage in Deutschland: Nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur verlangt die Hälfte der deutschen Oberlandes­gerichte bei iranischen Frauen jedenfalls im Grundsatz eine Ehe­einwilligung des Vaters oder Großvaters. Die Gerichte geben entsprechende Hinweise an die Stande­sämter, die die Dokumente für das Prüf­verfahren einsammeln. Die andere Hälfte verzichtet bei der Prüfung von vornherein auf die Einwilligung.

Deutsche Eheschließung auch ohne Einwilligung möglich

Alle Gerichte sagen aber, dass es gegen das deutsche Grundrecht auf Gleich­behandlung verstoße, von Frauen zu ihrer Hochzeit die Zustimmung eines männlichen Vormunds zu verlangen. Deshalb sei eine deutsche Ehe­schließung in jedem Fall auch ohne sie möglich. Das Standesamt müsse die Verlobten lediglich darüber belehren, dass die Ehe vom Iran möglicher­weise nicht anerkannt wird.

Beschaffung der Unterlagen oft umständlich und teuer

Belehrt oder aufgeklärt habe das Amt sie nicht, sagt Sadati-Schmutzer. Alle Dokumente fürs Standesamt liegen wie eine weiße Papierdecke auf der Sitzbank in ihrer Wohnküche: die Sterbe­urkunden ihres Vaters und Großvaters, eine Ledigkeits­bestätigung und schließlich die Ehe­einwilligung ihres älteren Bruders, der stattdessen als Heirats­vormund einspringen musste. Fast ein Jahr brauchte sie, um alle Unterlagen zu beschaffen. Rund 1000 Euro musste die 37-Jährige dafür ausgeben und ihre Mutter mehrmals bitten, quer durch den Iran zur deutschen Botschaft zu reisen.

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Eheeinwilligung mit Erlangung deutscher Staatsbürgerschaft entbehrlich

Auch andere Frauen haben Probleme beim Standesamt: Eine Iranerin aus Calw wartet seit drei Jahren mit ihrer Hochzeit. Ihr habe eine befreundete Standes­beamtin geraten, erst einmal deutsche Staats­bürgerin zu werden, damit sie die Ehe­einwilligung nicht vorlegen muss, erzählt sie am Telefon. Einem Pärchen aus Stuttgart hat die Behörde geschrieben: „Die an­geforderten Unterlagen werden benötigt, sonst kann das Oberlandes­gericht keine Befreiung erstellen.“ Da gebe es keine Ausnahmen, hieß es.

Eheeinwilligung „kein Muss“

Die Leiterin eines Standes­amtes in Stuttgart, Verena Rathgeb-Stein, äußert hingegen, dass die Frauen auf die Option ohne Ehe­einwilligung hingewiesen werden. Wer die Zustimmung nicht vorlegen könne oder wolle, werde über die Folgen belehrt. „In der Regel gibt es keine Probleme bei der Umsetzung“, teilt sie mit. Aber sie kann nicht mit Sicherheit sagen, dass die Zuständigen in manchen Ämtern übersehen, dass die Ehe­einwilligung gar kein Muss ist.

OLG entschärft Wortwahl

Um Miss­verständnisse in der Praxis zu vermeiden, formulierte das Oberlandes­gericht Stuttgart seine Hinweise zur Ehe­einwilligung in den letzten Monaten sogar um und entschärfte die Wortwahl. Nun verweist es explizit auf die „Allgemeinen Hinweise“, die klarstellen, dass eine Heirat wegen des Rechts auf Gleich­behandlung auch ohne Ehe­einwilligung möglich ist. Die Ehe­einwilligung ist aber immer noch als grund­sätzlich notwendiger Nachweis aufgeführt.

Anpassung des alten Niederlassungsabkommens notwendig

Noch mehr Reformen wünscht sich Sadati-Schmutzer. In Anbetracht der aktuellen Proteste auch für Frauen­rechte im Iran hofft sie, dass das alte Nieder­lassungs­abkommen angepasst wird. „Das ist für mich wie ein Zeichen, dass wir sagen: Islamische Republik, eure Zeit ist fertig“, sagt sie. Aus dem Aus­wärtigen Amt heißt es dazu, dass solche Abkommen anlassbezogen überprüft werden. Eine Aufkündigung komme insbesondere dann in Frage, wenn die dadurch entstehenden Nachteile die Vorteile überwiegen. Vergleichbare Abkommen mit anderen islamrechtlich geprägten Staaten gebe es jedenfalls nicht.

Quelle: dpa/DAWR/ab
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