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Es ist beliebt, aber auch sehr anspruchsvoll: Mit viel Elan beginnen jedes Jahr Tausende ein Jurastudium. Doch auf dem Weg hin zum Volljuristen oder zur Volljuristin ist viel Fleiß und noch mehr Disziplin nötig. Die beiden Staatsexamen, die zu absolvieren sind, gelten als äußerst schwierige Prüfungen.
Verpatztes juristisches Staatsexamen bedeutet nicht gleich das Karriereende
Nicht alle kommen da problemlos durch. In Bayern zum Beispiel haben laut Jahresbericht des Landesjustizprüfungsamts 2020 knapp 28 Prozent die erste Staatsprüfung nicht bestanden, etwa 10 Prozent fielen durch die zweite Prüfung. Ein verpatztes juristisches Staatsexamen ist aber kein Karriereende. Welche Optionen bleiben?
Zusätzlichen Freischuss nutzen
Der erste Teil des Studiums der Rechtswissenschaften schließt mit dem ersten juristischen Staatsexamen. Generell können Studierende zwei Anläufe unternehmen, diese Prüfung zu bestehen. Wer vor dem Examen Angst hat, sollte es probeweise absolvieren, rät die Rechtsanwältin Sabine Gries-Redeker.
Ein solches Probeexamen gilt als „Freischuss“. Er muss spätestens bis zum achten Semester, aber eher früher, angemeldet sein. „Der Vorteil eines Freischusses besteht darin, dass ein Scheitern dem Prüfling nicht angerechnet wird“, sagt Gries-Redeker, die Vorsitzende des Ausschusses Aus- und Fortbildung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist.
Auf Ursachenforschung gehen
Wer bei einem Freiversuch durchfällt, kann immer noch zweimal versuchen, das erste juristische Staatsexamen zu bestehen. Zwischen den einzelnen Anläufen ist es wichtig auszuloten, warum es nicht geklappt hat. War man nicht angemessen vorbereitet? Oder war Prüfungsangst der Auslöser? „Prüflinge können Einsicht in die Unterlagen nehmen“, so Gries-Redeker.
Was aus ihrer Sicht wichtig ist: Sich mit Kommilitonen vorbereiten und austauschen. „Jurastudenten brauchen zwingend ein Feedback, sie müssen innerhalb von Gruppenarbeit erfahren, wie andere ihren Lösungsansatz sehen.“
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Liegt mir die Rechtswissenschaft wirklich?
Wer auch nach drei Anläufen durchs erste Examen fällt, ist häufig mehr als frustriert. „Betroffene sollten sich fragen, ob ihnen Rechtswissenschaften tatsächlich liegt oder ob sie nicht lieber etwas anderes machen wollen“, so Gries-Redeker.
Diejenigen, die ungeachtet der verpatzten Prüfungen an Jura festhalten möchten, können ins Ausland gehen und beispielsweise in Österreich Rechtswissenschaften auf Diplom studieren. Damit dieser Abschluss in Deutschland anerkannt und man hierzulande zum Referendariat zugelassen wird, kann es sein, dass die Diplom-Juristen erneut Prüfungen ablegen müssen. Interessierte sollten sich beraten lassen.
Studienberatung hilft weiter
Ohnehin bietet sich eine Studienberatung in Krisensituationen wie bei einem nicht bestandenen Staatsexamen an. Dabei können Studierende persönliche Stärken und Schwächen ausloten. Dann lässt sich entweder auf ein anderes Studienfach umsatteln oder eine klassische Ausbildung absolvieren, etwa in kaufmännischen Berufen in Bereichen wie Groß- und Außenhandel, Immobilien oder Versicherungen.
„Es gibt viele Ausbildungsbetriebe, bei denen Bewerber mit juristischen Vorkenntnissen sehr willkommen sind und die später gute Karriereperspektiven bieten“, sagt Bernd Lienstädt, Studien- und Berufsberater bei der Arbeitsagentur Bremen-Bremerhaven.
Denkbar ist auch: Weg von Jura und hin zu einem dualen Studium. Wer im Zuge der Studienberatung herausfindet, dass etwa Wirtschaftsinformatik eine berufliche Perspektive für ihn oder sie ist, kann sich bei Unternehmen bewerben.
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Quereinstieg in den öffentlichen Dienst
Es kann auch vorkommen, dass Studierende das erste juristische Staatsexamen problemlos bestehen. Sie beginnen das zweijährige Rechtsreferendariat und scheitern später am zweiten juristischen Staatsexamen. Zweimal dürfen sie versuchen, diese Prüfung zu bestehen, ein drittes Mal nur auf Antrag.
Wer sie nicht schafft, hat aber immerhin das erste juristische Staatsexamen. Viele Universitäten vergeben nach dem ersten juristischen Staatsexamen den akademischen Grad Diplom-Jurist (Dipl-Jur.) oder Magister juris (Mag.jur.). „Damit ist zum Beispiel ein Quereinstieg in den öffentlichen Dienst mit unterschiedlichen Karrierewegen möglich“, sagt Lienstädt.
Alternativ kann man sich für ein duales Studium im öffentlichen Dienst bewerben. Arbeiten können Diplom-Juristinnen oder Juristen bei Behörden wie etwa dem Zoll. Auch in Rechtsabteilungen von Konzernen sind sie häufig anzutreffen, ebenso beispielsweise in Einigungs- und Schlichtungsstellen.
Volljurist ist man nur mit beiden Staatsexamen
Allerdings: Das erste Staatsexamen reicht nicht, um als Rechtsanwalt, Richter oder Staatsanwalt tätig zu werden - hierfür ist es zwingend, beide Staatsexamen absolviert zu haben und damit Volljurist zu sein.
Wer genau diese Berufsziele vor Augen hat und merkt, dass es beim Jurastudium kriselt, sollte eins tun: „Sich beraten lassen und dann zielgenau Schwachstellen angehen“, sagt Lienstädt. Je früher dies erfolgt, desto erfolgversprechender kann es laufen.
Wichtig
Die Option des Freiversuchs gibt es für beide Staatsprüfungen. Wer das Examen besteht, kann es erneut ablegen mit dem Ziel, zu einer besseren Note zu kommen.