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Arbeitsrecht | 17.02.2020

Bewerbungs­gespräch

Unzulässige Fragen im Bewerbungs­gespräch

Bei unzulässige Fragen im Vorstellungs­gespräch ist Lügen erlaubt

Wollen Sie Kinder? Sind Sie in der Gewerk­schaft? Wo kommen Sie her? Es gibt Fragen, die in Vorstellungs­gesprächen unzulässig sind. Trotzdem werden sie gestellt. Wie sollte man dann reagieren?

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Das Bewerbungs­gespräch lief so gut, dass Jasamin Ulfat-Seddiqzai dachte, sie bekäme den Job. Dann aber wurde sie zu einem zweiten Gespräch eingeladen - dieses Mal mit dem Chef persönlich. „Er hat mir dann gesagt, er müsse mein Kopftuch thematisieren“, sagt die Anglistin und Germanistin.

Sie unterrichtet an der Universität Duisburg-Essen zu Britischer Literatur im post­kolonialen Kontext und forscht etwa zu orientalistischen Stereotypen und Rassismus. Damals sei es um einen Studenten­job im Büro einer Sprach­schule gegangen, erzählt sie. „Im Vorstellungs­gespräch hat mich mein Chef gefragt, ob ich bereit wäre, das Kopftuch abzusetzen.“ Sie habe wahrheits­gemäß geantwortet, sie könne sich das vorstellen, wenn der Job es erfordere.

Die Wissen­schaftlerin und Journalistin hat häufig erlebt, dass es in Bewerbungs­verfahren um ihren Glauben oder um ihren afghanischen Migrations­hintergrund ging. Das seien private Themen, die für die Entscheidung des Arbeit­gebers keine Rolle spielen dürfen, betont Evelyn Räder, Arbeits­rechts­expertin in der Bundes­rechts­abteilung der Gewerk­schaft Verdi. „Ob ich einen Migrations­hintergrund habe oder die deutsche Staats­bürgerschaft besitze, muss dem Arbeitgeber egal sein.“

Private Infos sind tabu - sofern sie nichts mit dem Job zu tun haben

Allerdings gebe es eine Ausnahme: Bei Zu­gewanderten müssten sich Arbeitgeber versichern, dass diese in Deutschland arbeiten dürfen. Beschäftigen sie jemanden trotz Arbeits­verbot, begingen sie selbst eine Ordnungs­widrigkeit. Generell lässt sich sagen: Fragen nach privaten Informationen sind so lange tabu, wie sie nichts mit der Ausübung des Jobs zu tun haben.

„Es muss ein billigens­wertes, berechtigtes und schutz­würdiges Interesse des Arbeit­gebers bestehen“, sagt Evelyn Räder, Arbeits­rechts­expertin in der Bundes­rechts­abteilung der Gewerk­schaft Verdi. Wenn sich jemand beispiels­weise als Lehrkraft für ein bestimmtes religiöses Bekenntnis bewirbt, dürfe auch nach der Religions­zugehörigkeit gefragt werden, erklärt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeits­recht und Vorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Arbeits­recht im Deutschen Anwalt­verein.

Be­werberinnen und Bewerber befinden sich häufig in einem Konflikt: Einerseits möchten sie ein Vertrauens­verhältnis schaffen, anderer­seits nicht zu viel von sich preisgeben. „Deswegen hilft die Rechtsprechung aus dieser Zwickmühle“, erklärt Evelyn Räder, Arbeits­rechts­expertin in der Bundes­rechts­abteilung der Gewerk­schaft Verdi. Das bedeutet: Bei unzulässigen Fragen darf man die Unwahrheit sagen.

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Notlüge kann bei unzulässigen Fragen helfen

Eine andere Möglichkeit ist, auf die Unzulässigkeit einer Frage hinzuweisen. Der Arbeitgeber werde sich dann aber womöglich seinen eigenen Reim darauf machen, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeits­recht und Vorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Arbeits­recht im Deutschen Anwalt­verein. „Es kann sein, dass es unter Umständen klüger ist, zur Notlüge zu greifen.“

Ein klassisches Beispiel für unzulässige Fragen sind die Themen Familien­planung und Schwangerschaft. Ob jemand Kinder bekommen möchte, habe nichts mit der Qualifikation für eine Stelle zu tun, betont Evelyn Räder, Arbeits­rechts­expertin in der Bundes­rechts­abteilung der Gewerk­schaft Verdi. „Ich würde auch niemandem raten, von sich aus darüber zu sprechen, denn das gehört nicht in ein Bewerbungs­gespräch.“

Über eine bestehende Schwangerschaft muss selbst dann nicht gesprochen werden, wenn es um eine Bewerbung als Schwangerschafts­vertretung geht, erklärt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeits­recht und Vorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Arbeits­recht im Deutschen Anwalt­verein. Ausnahmen könne es nur geben, wenn jemand eine Stelle über den gesamten Zeitraum etwa eines befristeten Arbeits­verhältnisses nicht antreten kann - beispiels­weise, weil Schwangere in dem Beruf einem Beschäftigungs­verbot unterliegen.

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Unzulässig sind Fragen nach Krankheiten oder Vorstrafen

Bei der Frage nach dem Kopftuch hat Ulfat-Seddiqzai wahrheits­gemäß geantwortet. Laut Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeits­recht und Vorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Arbeits­recht im Deutschen Anwalt­verein hätte sie jedoch sagen können, was sie möchte. In ihrem Fall ging es um zu­künftiges Verhalten, erklärt er. Der Arbeitgeber habe später nicht das Recht, Absichts­erklärungen einzufordern. Der Anwalt sieht auch keinen Grund, warum es im Büro einer Sprach­schule ein Kopftuch­verbot geben solle. „Hier ist es relativ klar: Das geht den Arbeitgeber nichts an.“

Auch Fragen nach Krankheiten, Sucht­problemen oder Behinderungen dürfen normalerweise nicht gestellt werden, sagt Schipp. Als Ausnahme gilt, wenn ein bestimmter Job dadurch nicht ausgeübt werden kann. Gleiches gilt für Vorstrafen: Ansprechen müssen Bewerber und Be­werberinnen sie nur, wenn für die Arbeits­stelle wichtig sind. Eine Vorstrafe wegen Trunkenheit im Verkehr sei für einen Bank­angestellten nicht relevant, für einen Busfahrer hingegen schon.

Bewerber haben auch eine Offenbarungspflicht

Auch nach einer Gewerkschafts- oder Partei­zugehörigkeit dürfe der Arbeitgeber nicht fragen - außer man bewirbt sich etwa bei einer politischen Organisation. „In solchen Fällen kann es erlaubt sein zu fragen, ob man nicht Mitglied beim politischen Gegner ist“, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeits­recht und Vorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Arbeits­recht im Deutschen Anwalt­verein. Bei bestimmten Themen könne sogar eine Offenbarungs­pflicht herrschen. Die gelte für Eigen­schaften, die für die Tätigkeit von ausschlag­gebender Bedeutung sind: Wer sich als Lastkraf­twagen­fahrer bewirbt, aber keinen Führer­schein hat, muss das offenlegen.

Vor einem Bewerbungs­gespräch empfiehlt es sich darüber nachzudenken, welche Informationen man preisgeben sollte und welche nicht. Ratsam ist auch zu überlegen, wie man auf unzulässige Fragen reagieren würde. „Ich gebe Antworten, die möglichst schlag­fertig sind“, erzählt Jasamin Ulfat-Seddiqzai. Eine Strategie, die auf jeden Fall funktioniere, gebe es aber nicht.

Wer klagt, muss Benachteiligung beweisen

Als ihr im Bewerbungs­gespräch ungefragt mitgeteilt wurde, dass sie auf dem Flur nicht beten dürfe, habe sie geantwortet: „Ich bin nicht zum Beten hier und werde auch nicht missionieren.“ Das mit dem Missionieren war als Witz gemeint, wurde aber nicht so aufgefasst. Wer bei Bewerbungen mit unangemessenen oder rassistischen Situationen konfrontiert wird, dem empfiehlt Ulfat-Seddiqzai, sich nicht entmutigen zu lassen - sondern es immer wieder zu probieren.

Wer im Bewerbungs­prozess ohne sachlichen Grund ungleich behandelt wurde, kann nach Paragraf 15 des Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetzes (AGG) Schadens­ersatz­anspruch geltend machen, erklärt Evelyn Räder, Arbeits­rechts­expertin in der Bundes­rechts­abteilung der Gewerk­schaft Verdi. Die Schwierigkeit bestehe jedoch darin, eine Benachteiligung zu beweisen. „Daran scheitern die Klagen nicht selten“, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeits­recht und Vorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Arbeits­recht im Deutschen Anwalt­verein.

Quelle: dpa/DAWR/ab
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