Ein unerwarteter Anruf
Der Geschäftsführer eines Berliner Unternehmens wurde auf dem Weg zur Bushaltestelle unangekündigt von einem ihm unbekannten Anrufer auf dem Handy kontaktiert, ob er Interesse habe, dass sein Unternehmen in ein Branchenbuch-Portal eingetragen werden soll. Bis zu diesem Zeitpunkt bestanden zwischen den Unternehmen keine Geschäftsbeziehungen. Der Geschäftsführer verstand zum Zeitpunkt des Anrufs sehr schlecht Deutsch, was deutlich wahrnehmbar war. Er war sowohl mit der Situation als auch mit der Sprechweise des Anrufers überfordert und wollte keinen Vertrag abschließen. Da der Anrufer aber hartnäckig war, nicht locker ließ und der Geschäftsführer das Gespräch höflich beenden wollte, willigte er aus seiner Sicht ein, dass ihm Werbematerialien über das Angebot ins Unternehmen geschickt werden dürften. Zumindest dachte er das.
Die Aufzeichnung
Weil der Anrufer darauf bestand, willigte der Geschäftsführer auch ein, die Bestätigung seiner Unternehmensdaten aufzuzeichnen. Den äußerst schnell gesprochenen Text verstand er dann aber nicht mehr und sagte immer dann „ja“ wenn er seinen Namen oder die Unternehmensbezeichnung hörte und wenn es so schien, dass der Anrufer eine Bestätigung erwartete. Aus dieser Aufzeichnung wollte dann die Firmenauskunft P.U.R. einen telefonischen Vertragsschluss ableiten und klagte 3 Jahre später kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist.
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
Die SI Rechtsanwaltsgesellschaft aus Berlin konnte dem Geschäftsführer aber helfen und erwirkte, dass das Amtsgericht Schöneberg die Zahlungsklage der Firmenauskunft P.U.R. GmbH abwies. Der behauptete Vertrag sei gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, da er gegen die guten Sitten verstoße. Es liege ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und damit ein wucherähnliches Geschäft vor. Die geforderte Vergütung im mittleren vierstelligen Bereich für eine Vertragslaufzeit von drei Jahren stehe außer Verhältnis zu vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit.
Der Eintrag war überdies mit der Unternehmensbezeichnung des Beklagten oder dessen Geschäftsfeld durch eine direkte Suche über das gängigste Suchportal nicht zu finden. Erst wenn direkt im Firmenverzeichnis der Klägerin gesucht wurde, fand sich der oberflächlich gestaltete Eintrag. Das Gericht urteilte daher, dass nicht nachzuvollziehen sei, warum ein Werbetreibender für einen Eintrag zahlen wollte, der nur über die Suche mit dem Stichwort „Firmenverzeichnis“ gefunden werden könne.
Bewusste Ausnutzung der schlechten Sprachkenntnisse
Der Klägerin sei auch eine verwerfliche Gesinnung im Sinne des § 138 BGB vorzuwerfen, da sie den Geschäftsführer des beklagten Unternehmens unaufgefordert anrief und seine deutlich erkennbar bestehenden schlechten Deutschkenntnisse ausnutzte, um sich Bestätigungen für den telefonischen Abschluss eines Vertrages zu holen. Auf der vor Gericht abgespielten Tonaufzeichnung waren die Verständigungsprobleme des Angerufenen deutlich zu hören. Das Gericht gelangte zur Überzeugung, dass die Verständigungsschwierigkeiten tatsächlich an den geringen Deutschkenntnissen des Geschäftsführers der Beklagten lagen. Die Klage war daher abzuweisen.