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Gesellschaftsrecht | 10.12.2021

Anfechtung von Gesellschafter­beschlüssen

Bis wann muss der abwesende Gesellschafter handeln?

Frist für Klagen gegen Gesellschafter­beschlüsse

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Ronny Jänig

In der anwaltlichen Praxis, vor allem im Bereich des Gesellschafts­rechts, hat man es nicht selten mit der Anfechtung von Gesellschafter­beschlüssen zu tun. Eine Anfechtung ist das nahe­liegendste Mittel eines Gesellschafters, um sich gegen zu Unrecht ergangene Beschlüsse zu wehren.

Aber innerhalb welcher Frist eine Anfechtung von einem bei der Gesellschafter­versammlung abwesenden Gesellschafter erhoben werden muss, darüber hat das Oberlandes­gericht Dresden entschieden (OLG Dresden, Urteil vom 28.05.2020 – 8 U 2611/19). Nähere Informationen zur Gesellschafter­versammlung finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/gesellschafterversammlung.html

OLG Dresden: Beginn der Anfechtungsfrist von Gesellschafterbeschlüssen ist umstritten

Das GmbH-Recht, besonders das GmbHG, regelt nicht, wie es sich mit Fristen bezüglich der Erhebung von Klagen gegen Gesellschafter­beschlüsse verhält. Weitreichende Anerkennung bekommt die vergleichbare Handhabung aus dem Aktienrecht. Danach wird als Leitlinie die Monatsfrist angesetzt, soweit die Satzung selbst keine abweichende Regelung zur Frist enthält.

Der bei der Gesellschafter­versammlung abwesende Gesellschafter hätte also einen Monat Zeit, um Klage gegen einen Gesellschafter­beschluss zu erheben. Lässt er sich länger Zeit dafür, oder erhebt gar keine Klage, sondern ärgert sich nur im Stillen, gilt der Gesellschafter­beschluss als beschlossen und kann nicht mehr angefochten werden.

Unterscheidung anfechtbar vs. nichtig

Dabei darf nicht übersehen werden, dass dies nur hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Gesellschafter­beschlüssen gilt. Streng davon zu trennen sind nichtige Gesellschafter­beschlüsse. In diesem Fall steht dem Gesellschafter wieder die Möglichkeit frei, eine gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit zu erzwingen.

Für den Fall, dass eine sogenannte Nichtigkeits­klage nicht erhoben wird, entfaltet der nichtige Beschluss dennoch keine Rechts­wirkung, voraus­gesetzt es ist keine zwischen­zeitliche Heilung erfolgt. Den Gesellschaftern steht es in einer solchen Situation zu, sich auch ohne Klage­erhebung auf die Nichtigkeit des Beschlusses zu berufen.

Gesellschafterversammlung entscheidet über Zwangsabtretung

Die Satzung im vom OLG entschiedenen Fall enthielt keinerlei Regelungen über etwaige Anfechtungs­fristen. Bei dem angefochtenen Gesellschafter­beschluss handelte es sich um die Anordnung von Zwangs­abtretungen von Geschäfts­anteilen. Anlass zu dieser Zwangs­maßnahme bestand aufgrund der Insolvenz der klagenden GmbH, welche im Gerichts­verfahren durch den Insolvenz­verwalter repräsentiert wurde.

Die zuerst angesetzte Gesellschafter­versammlung, die zu diesem Tages­ordnungs­punkt entscheiden sollte, war beschluss­unfähig, denn für die insolvente Gesellschafterin ist kein Vertreter oder ähnliches erschienen. Dann wurde am 13.12.2018 eine Wiederholungs­versammlung abgehalten, welche dann beschluss­fähig war – obwohl auch diesmal niemand für die in Insolvenz geratene Gesellschafterin erschienen war. Innerhalb dieser Gesellschafter­versammlung sprach man sich antragsgemäß für die Zwangs­abtretung ihrer Geschäfts­anteile aus.

Erkundigungspflicht nach Gesellschafterversammlung

Der Insolvenz­verwalter, der für die insolvente Gesellschafterin Klage erhoben hatte, erhielt erst am 10.01.2019 Kenntnis vom Protokoll der Gesellschafter­versammlung. Die aus dem Aktienrecht folgende Monatsfrist zur Klage­erhebung hielt er danach ein. In der ersten Instanz wurde ihm Recht gegeben und die Anfechtungs­frist galt als gewahrt.

Das OLG Dresden war jedoch anderer Ansicht. Auch die Dresdner Richter gingen zwar von der Monatsfrist aus dem Aktienrecht aus. Allerdings ist umstritten wann die Monatsfrist zu laufen beginnt. Entweder direkt nach der Beschluss­fassung durch die Gesellschafter­versammlung oder ab der Bekanntgabe der Beschlüsse an den abwesenden Gesellschafter.

Das Gericht war schließlich der Auffassung, dass ein solcher Streit­entscheid im vorliegenden Fall gar nicht erst von Nöten sei, da den abwesenden Gesellschafter ohnehin eine Pflicht zur Erkundigung hinsichtlich der gefassten Beschlüsse treffe. Demzufolge hätte der Gesellschafter zwei Wochen Zeit, um sich danach zu erkundigen, anschließend beginnt die Monatsfrist zu laufen. Auf Grund dessen sei die Anfechtungs­klage durch den Insolvenz­verwalter bereits verfristet gewesen.

Anfechtungsklage verfristet, wenn Gesellschafter nicht handelt

Mit diesem Urteil wird die Relevanz der Thematik unter­strichen. Es verdeutlicht, dass Gesellschafter, die bei einer Gesellschafter­versammlung nicht anwesend waren, nicht bis zum Erhalt des Protokolls Däumchen drehend im Büro warten dürfen, sondern sich unmittelbar nach der Versammlung nach deren Inhalt erkundigen müssen. Ansonsten laufen sie Gefahr, dass eine Anfechtungs­klage bereits verfristet ist, bevor sie überhaupt erhoben wurde.

Wir helfen Ihnen gerne!

Wenn Sie weitere Fragen zu Klagen gegen Gesellschafter­beschlüsse haben, kontaktieren Sie gerne die Rechts­anwälte für Gesellschafts­recht von ROSE & PARTNER unter: https://www.rosepartner.de/gmbh-anfechtungsklage-nichtigkeitsklage-gesellschafterbeschluss.html

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