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Arbeitsrecht | 26.02.2015

Streikrecht

„Flashmob-Aktionen“ im Arbeitskampf zulässig

Entscheidungsbesprechung von Rechtsanwalt Stefan Bell (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.03.2014, Az. 1 BvR 3185/09)

Bei der Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts besteht ein weiter Handlungsspielraum. Das Grundgesetz schreibt nicht vor, wie die gegensätzlichen Grundrechtspositionen im Einzelnen abzugrenzen sind; es verlangt keine Optimierung der Kampfbedingungen. Ist der Flashmob als gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme erkennbar, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Maßnahme eines Arbeitskampfes.

Ausgangslage bei dem Rechtsstreit: „Flashmob-Aktionen“ im Arbeitskampf zulässig

Die im Ausgangsverfahren beklagte Gewerkschaft führte einen Streik zur Durchsetzung ihrer Forderung nach einem neuen Tarifvertrag für den Einzelhandel. Ihr Landesbezirk veröffentlichte während des Streiks ein virtuelles Flugblatt, mit der Frage „Hast Du Lust, Dich an Flashmob-Aktionen zu beteiligen?“, bat Interessierte um die Handy-Nummer, um diese per SMS zu informieren, wenn man gemeinsam „in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen“ wolle, „z.B. so: Viele Menschen kaufen zur gleichen Zeit einen Pfennig-Artikel und blockieren damit für längere Zeit den Kassenbereich. Viele Menschen packen zur gleichen Zeit ihre Einkaufswagen voll (bitte keine Frischware!!!) und lassen sie dann stehen.“ Die Gewerkschaft propagierte dies auch in der Presse und im Rahmen einer öffentlichen Kundgebung.

Die Gewerkschaft führte in der Filiale eines Mitgliedsunternehmens des Arbeitgeberverbandes eine solche Flashmob-Aktion durch. Es beteiligten sich etwa 40 bis 50 Personen, die per SMS von der Gewerkschaft dorthin bestellt worden waren. Zwei oder drei Teilnehmende trugen eine Jacke mit der Aufschrift „ver.di“, zahlreiche andere trugen Sticker der Gewerkschaft. Zunächst betraten etwa drei Personen die Filiale, klebten ein Flugblatt mit einem Streikaufruf an einen Backofen, legten weitere Flugblätter an die Kasse und forderten eine Arbeitnehmerin zur Streikteilnahme auf. Später begaben sich etwa 40 Personen in die Filiale und kauften dort in größerer Zahl sogenannte Pfennig- oder Cent-Artikel, weshalb sich an den Kassen Warteschlangen bildeten. Andere füllten etwa 40 Einkaufswagen mit Waren und ließen diese ohne Begründung oder mit der Angabe, das Geld vergessen zu haben, in den Gängen oder im Kassenbereich stehen. Die Aktion dauerte nach Angaben des Arbeitgeberverbandes etwa eine Stunde, nach Angaben der Gewerkschaft 45 Minuten.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 22.09.2009, Az. 1 AZR 972/08), das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 29.09.2008, Az. 5 Sa 967/08) sowie das Arbeitsgericht Berlin wiesen die Klage des Arbeitgeberverbandes ab. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26.03.2014, Az. 1 BvR 3185/09) nahm die Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen aus den folgenden Gründen nicht an.

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit des Beschwerdeführers.

Bei der Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts besteht ein weiter Handlungsspielraum. Das Grundgesetz schreibt nicht vor, wie die gegensätzlichen Grundrechtspositionen im Einzelnen abzugrenzen sind; es verlangt keine Optimierung der Kampfbedingungen. Umstrittene Arbeitskampfmaßnahmen werden unter dem Gesichtspunkt der Proportionalität überprüft; durch den Einsatz von Arbeitskampfmaßnahmen soll kein ein-seitiges Übergewicht bei Tarifverhandlungen entstehen. Die Orientierung des Bundesarbeitsgerichts am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist insofern nicht zu beanstanden.

Ausgehend von diesen Maßstäben lässt sich eine Verletzung des Beschwerdeführers in seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG durch die angegriffenen Urteile nicht feststellen. Gewerkschaftlich getragene, auf Tarifverhandlungen bezogene sogenannte Flashmob-Aktionen der vorliegend zu beurteilenden Art fallen in den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG.

Das Bundesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Beurteilung, ob eine Betätigung koalitionsspezifisch ist, grundsätzlich nicht nach der Art des von der Koalition gewählten Mittels, sondern nach dem von ihr damit verfolgten Ziel zu erfolgen hat. Es besteht kein Anlass, am koalitionsspezifischen Zweck des Aufrufs zu einem Flashmob der vorliegend zu beurteilenden Art zu zweifeln, der streikbegleitend während der laufenden Tarifauseinandersetzung erkennbar darauf ausgerichtet ist, rechtmäßige Arbeitskampfziele zu unterstützen.

So muss der Flashmob als gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme erkenn-bar sein, also deutlich werden, dass es sich nicht um eine „wilde“, nicht gewerkschaftlich getragene Aktion handelt, was auch für Schadensersatzforderungen der Arbeitgeber bei rechtswidrigen Aktionen von Bedeutung ist. In verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt das Bundesarbeitsgericht auch, dass Flashmob-Aktionen - anders als Streiks - kein Element unmittelbarer Selbstschädigung der Teilnehmenden in Form des Verlustes des Arbeitsentgelts innewohnt, das einen (eigen-)verantwortlichen Umgang mit dem Arbeitskampfmittel fördern kann.

Der Gehalt des Art. 9 Abs. 3 GG, der sowohl die Gewerkschaft als auch die Arbeitgeberseite schützt, wird jedoch nicht verkannt, wenn das Bundesarbeitsgericht darauf abstellt, dass der Arbeitgeberseite geeignete Verteidigungsmittel gegen die hier in Rede stehen-den Aktionen zur Verfügung stünden.

„Flashmob-Aktionen“ im Arbeitskampf zulässig - Fazit:

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Rechtsprechung aller Arbeitsgerichte, die die Flashmob-Aktionen von ver.di in dem Arbeitskampf als zulässig angesehen hatten. Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Maßnahme im Arbeitskampf ist nicht die Art dieser Maßnahme, sondern ihr Zweck. Voraussetzung ist allerdings auch, dass es sich erkennbar um eine gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme handelt, also keine Maßnahme nicht organisierter und deswegen nicht zu beeinflussender außenstehender Dritter. Man darf gespannt sein, ob in anderen Branchen als dem Einzelhandel auch ähnlich phantasievolle Aktionen durchgeführt werden können. Das BVerfG hat jedenfalls deutlich erklärt, dass alle Maßnahmen im Arbeitskampf zulässig sind, die den o.g. Regeln folgen.

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