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Arzthaftungsrecht und Schadensersatzrecht | 23.01.2019

Behandlungs­fehler

Hausarzt muss bedrohliche Befunde an Patienten weitergeben

Ein Patient hat Anspruch auf Unterrichtung über die im Rahmen einer ärztlichen Behandlung erhobenen Befunde

Bereits in früheren höchst­richter­lichen Entscheidungen wurde für Recht erkannt, dass ein Patient Anspruch hat auf Unterrichtung über die im Rahmen einer ärztlichen Behandlung erhobenen Befunde und Prognosen. Dies gilt umso mehr, wenn der Patient Kenntnis von den erhobenen Befunden haben muss, um auf der Grundlage dieser Kenntnis weitere medizinisch gebotene Behandlungen durchführen zu lassen.

In juristischen Fachkreisen spricht man hier von der Pflicht des Arztes zur therapeutischen Aufklärung bzw. zur Sicherungs­aufklärung, weil die Information des Patienten über die erhobenen Befunde die weitere medizinische Behandlung sichern soll.

Unterlassene Weitergabe von Informationen aus Arztbrief

Diese Pflicht zur Sicherungs­aufklärung war Gegenstand des Urteils des Bundesgerichts­hofes vom 26. Juni 2018. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der später vor Gericht klagende Patient jahrelang in Behandlung seiner später verklagten Hausärztin, allerdings zuletzt im August 2008. Im Januar 2009, also mehrere Monate nach der letzten Vorstellung des Patienten bei der Hausärztin, erhielt diese von einem Krankenhaus einen Arztbericht, in welchem ihr mitgeteilt wurde, dass beim Patienten eine Geschwulst aus der Kniekehle entfernt worden war und eine anschließende Gewebe­untersuchung den Befund eines bösartigen Nerven­scheiden­tumors ergeben hatte. Die Hausärztin wurde gebeten, den Patienten an ein onkologisches Spezial­zentrum zu verweisen. Aus dem Arztbericht war ersichtlich, dass der Arztbrief lediglich an die Hausärztin verschickt worden war.

Patient erhält Befund erst 1,5 Jahre später

Die Hausärztin hatte den Arztbrief nicht an den Patienten weitergeleitet und ihn auch nicht anderweitig über den bedrohlichen Befund informiert. Erst als sich der Patient im Mai 2010 wegen einer anderen Sache erneut bei seiner Hausärztin vorstellte, kam der Befund zur Sprache. Zu diesem Zeitpunkt war der Tumor bereits wieder erneut aufgetreten (Rezidiv).

BGH wertete unterlassene Weitergabe des Befundes als groben Behandlungsfehler

Un­verständlicher­weise unterlag der Patient in zwei Instanzen vor dem Landgericht und dem Oberlandes­gericht. Erst der Bundes­gerichts­hof (BGH, Urteil vom 26. Juni 2018, VI ZR 285/17) machte deutlich, dass das Verhalten der Hausärztin selbstverständlich als grober Behandlungs­fehler zu werten war. Denn der Arzt habe sicherzustellen, dass der Patient von Arztbriefen mit bedrohlichen Befunden- und gegebenenfalls von der angeratenen Behandlung - Kenntnis erhalte, auch wenn diese nach einem etwaigen Ende des Behandlungs­vertrags bei ihm eingehen. Ihn treffe eine aus dem Behandlungs­vertrag nach­wirkende Schutz- und Fürsorgep­flicht.

Hausärztin verpflichtet zur Informationsweitergabe

Der Arzt, der als einziger eine solche Information bekomme, müsse den Informations­fluss aufrechterhalten, wenn sich aus der Information selbst nicht eindeutig ergebe, dass der Patient oder der diesen weiter­behandelnde Arzt sie ebenfalls erhalten habe.

Anwaltliche Hilfe ratsam

Dieser Fall zeigt wieder einmal ein­drücklich wie wichtig es für Patienten ist, sich bei dem Verdacht eines Behandlungs­fehlers an einen Rechtsanwalt zu wenden, der die notwendige Spezial­kenntnis für Arzt­haftungs­fragen hat und hartnäckig genug ist, die Sache bis in die letzte Instanz zu tragen.

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