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Bankrecht und Kapitalanlagenrecht | 22.07.2016

Widerruf

OLG Düsseldorf zur Fußnote „Nicht für Fernabsatz“ und zu Rechts­missbrauch

Widerruf bei beendeten Darlehens­verträgen nicht mehr möglich und bei noch laufenden Darlehens­verträgen rechts­missbräuchlich

Bislang galt die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf als eher banken­freundlich. Der 6. Senat des OLG Düsseldorf ist der Auffassung, dass der Widerruf bei bereits beendeten Darlehens­verträgen überhaupt nicht mehr möglich sei und bei noch laufenden Darlehens­verträgen aufgrund der aktuell günstigen Marktzinsen rechts­missbräuchlich sei. Die Banken zitieren diese Rechtsprechung sehr gerne in ihren Standard­schreiben an ihre Kunden.

Was entscheidet der 17. Senat?

Der 17. Senat des OLG Düsseldorf ist der Auffassung, dass die frühzeitige Ablösung des Darlehens der Erklärung des Widerrufs nicht entgegensteht:

„Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einem Widerruf des Darlehens­vertrags durch Erklärung vom 01.12.2014 nicht entgegen, dass die Parteien bereits im Juli 2014 einvernehmlich den Darlehens­vertrag aufgehoben haben. Diese Aufhebung wirkte nur für die Zukunft und führte nicht dazu, dass ein anderer Darlehens­vertrag an die Stelle des ursprünglichen Darlehens­vertrags getreten wäre.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2016 – 17 U 182/15 -)

Rechtsmissbrauch liegt nicht vor

Im Hinblick auf den Rechts­missbrauch folgt der 17. Senat der Rechtsprechung des VIII. Senats des Bundesgerichts­hofes und vertritt die Auffassung, dass die Motive des Kunden beim Widerruf mangels gesetzlich normierter Begründungs­pflicht unbeachtlich sind. Darüber hinaus wird die Bank bei der gesetzlich vollständig geregelten Rück­abwicklung nicht unzumutbar benachteiligt. Die Interessen der Bank werden durch das Gesetz ausreichend berücksichtigt:

Bei der Anwendung der unzulässigen Rechtsausübung ist Zurückhaltung geboten

„Die Frage, ob eine unzulässige Rechts­ausübung vorliegt, erfordert eine Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall. Nicht jede Unbilligkeit darf dazu führen, dass gesetzlich vorgesehene Ergebnisse über § 242 BGB korrigiert werden, so dass bei der Anwendung der unzulässigen Rechts­ausübung Zurück­haltung geboten ist. Durch die Rechts­ausübung muss eine Situation entstehen, die es als untragbar erscheinen lässt, das aus der Gesetzes­anwendung folgende Resultat zu akzeptieren. Missbilligens­werte Motive des Rechts­inhabers allein erschüttern dessen Rechts­position noch nicht (Staudinger/Olzen/Looschelders, BGB, Neu­bearbeitung 2015, § 242 Rz. 219-221; Münchener Kommentar zum BGB/Schubert, 7. Aufl., § 242 Rz. 208). Eine solche Situation ergibt sich bei der Ausübung des Widerrufs­rechts mit dem Ziel, bessere Zins­konditionen zu erreichen, nicht (a.A. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Auszugehen ist zunächst von der gesetzgeberischen Grund­entscheidung, den Widerruf des Darlehens­vertrags nicht an eine Begründung zu knüpfen, so dass die Motive für den Widerruf keine Rolle spielen.

Außerdem ist zu beachten, dass die Möglichkeit zur Ausübung des Widerrufs­rechts auch längere Zeit nach Abschluss des Vertrags ausgelöst wird durch eine fehlerhafte Wider­rufs­information, die in der Verant­wortlichkeit des Darlehens­gebers selbst liegt. Es entsteht für den Kreditgeber auch keine schlechthin untragbare Situation. Zunächst besteht für ihn zumindest im Falle von lückenhaften Angaben die Möglichkeit, die fehlenden Angaben nachzuholen und so eine Wider­rufs­frist von nunmehr einem Monat auszulösen (§ 492 Abs. 6 BGB). Wird der Widerruf innerhalb dieser Frist oder außerhalb der Nachholung von Angaben mangels laufender Frist ausgeübt, wandelt sich der Darlehens­vertrag in ein Rück­gewähr­schuld­verhältnis, das den Verbraucher zur Rück­zahlung der Darlehens­valuta zzgl. Wertersatz verpflichtet. Durch dieses Rück­gewähr­schuld­verhältnis werden die Interessen des Darlehens­gebers ausreichend gewahrt.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2016 – 17 U 182/15 -)

Fußnote „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ ist nicht nur eine inhaltliche Änderung des gesetzlichen Musters

Schließlich sieht das OLG Düsseldorf die Verwendung der Fußnote „Nicht für Fern­absatz­geschäfte“ nicht nur als inhaltliche Änderung des gesetzlichen Musters, sondern auch als Fehler. Mit der Verwendung dieser Fußnote lässt die Bank den Verbraucher im Unklaren, ob ein Fernabsatz vorliegt oder nicht. Bei dem Begriff „Fernabsatz“ handelt es sich um einen juristischen Fachbegriff, dessen Bedeutung ohne weitere Erklärungen einem juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher nicht geläufig sein dürfte:

„Diesen Anforderungen genügt die Widerrufs­belehrung schon deshalb nicht, weil die an die Über­schrift der Belehrung angehängte Fußnote 1 den Verbraucher darüber im Unklaren lässt, ob ein Fernabsatz­geschäft vorliegt und deshalb die Widerrufs­belehrung nicht einschlägig ist. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Verbraucher, sondern an ihre Sach­bearbeiter richte, die ihrerseits zu prüfen hätten, ob ein Fernabsatz­geschäft vorliegt. Denn für den Verbraucher ist aus dem Text der Fußnote nicht erkennbar, dass diese sich nicht an ihn richtet. Bei einer Fußnote handelt es sich um eine durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite, die typischer­weise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder - etwa als „Endnote“ - erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Die streitgegen­ständliche Widerrufs­belehrung war daher geeignet, beim Kläger den Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende) Prüfung seines Einzelfalls könnte zum Ergebnis eines Fernabsatz­geschäfts führen (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, 14 U 2439/14, Tz. 31; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2016, I-6 U 296/14; jeweils zum Fall einer auf die Bestimmung der Wider­rufs­frist bezogenen Fußnote).

Begriff des Fernabsatzgeschäfts ist ein juristischer Fachbegriff

Es kann auch nicht angenommen werden, dass es dem Kläger ohne weiteres möglich war, die Fußnote 1 als für seinen Fall nicht einschlägig unbeachtet zu lassen, weil er ohne weiteres hätte erkennen können, dass es sich bei seinem Vertrag nicht um ein Fernabsatz­geschäft handelte. Der Begriff des Fernabsatz­geschäfts ist kein in der Alltags­sprache unter juristischen Laien gebräuchlicher Begriff, sondern es handelt sich um einen juristischen Fachbegriff, dessen Bedeutung ohne weitere Erklärungen einem Laien nicht geläufig sein dürfte.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2016 – 17 U 182/15 -)

Diese Rechtsprechung ist zu begrüßen. Es zeigt, dass die Auffassung der Banken nicht dem Leitbild des Gesetzes entspricht und vor dem Bundes­gerichts­hof nicht halten wird.

Ein Blick in die eigenen Finanzierungs­unterlagen lohnt sich also auch weiterhin!

Sollten Sie unsicher sein, ob ein Widerruf Ihres Darlehens­vertrages auch heute noch möglich ist, zögern Sie nicht dies durch uns überprüfen zu lassen.

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