Vorab ein paar Worte zu den einschlägigen Regelungen im Strafgesetzbuch:
„Schwerer Raub“ ist im § 250 des Strafgesetzbuches geregelt, es handelt sich dabei um eine tatbestandliche Qualifikation zum eigentlichen Grundtatbestand des Deliktes „einfacher Raub“ gemäß § 249 Strafgesetzbuch. Das Thema ist sowohl in der Praxis als auch in strafrechtlichen Klausuren von großer Relevanz. Es gibt auch Verweise in den Paragraphen 252 – räuberischer Diebstahl – und 255 – räuberische Erpressung – des Strafgesetzbuches, das bedeutet, dass der § 250 eine Qualifikation zu erwähnten Tatbeständen darstellt.
Auch der § 250 StGB wird in zwei Qualifikationstatbestände unterteilt:
Falls es um die „einfache Raubqualifikation“ gem. § 250 Abs. 1 StGB geht, dann beginnt das Strafmaß für die Freiheitsstrafe bei drei Jahren. Davon wird auszugehen sein, wenn der Täter beispielsweise bei der Tat ein gefährliches Werkzeug oder gar eine Waffe mit sich führt. Sollten aber die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 StGB vorliegen, dann hat dies eine Erhöhung der Freiheitsstrafe zur Folge, diese beträgt dann mindestens fünf Jahre. Davon wäre dann die Rede, wenn der Täter jenes gefährliche Werkzeug oder die Waffe, die er bei sich hat, auch tatsächlich verwendet. Daher ist es wichtig, ganz genau zu prüfen, ob ein Gegenstand, den der Täter mitführt, auch tatsächlich verwendet wurde. Dabei spielt der Zeitpunkt eine wesentliche Rolle, vor allem dann, wenn es um die Abgrenzung zwischen räuberischem Diebstahl oder Raub gem. § 252 StGB geht.
Hier ein Praxisfall zu diesem Thema:
Der Bundesgerichtshof setzte sich im Urteil vom 31.07.2019 (5 StR 345/19) mit der Frage auseinander, bis zu welchem Zeitpunkt beim schweren Raub von „Verwendung“ die Rede sein kann beziehungsweise ab wann es sich um räuberischen Diebstahl gem. § 252 StGB handelt.
Dieser Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:
Es handelte sich um zwei Angeklagte, wobei der erste dem Geschädigten das Handy weggenommen hat. Dieser leistete – überrumpelt und in großer Angst um sein Leben – vorerst keinen Widerstand. Irgendwann begann er aber doch, nach Hilfe zu rufen und sich gegen den Raub zu wehren. Daraufhin wurde ihm vom zweiten Angeklagten der Mund zugehalten, da dieser verhindern wollte, dass das Opfer weiterhin um Hilfe rief. So sollte die Alarmierung von zufällig vorbeikommenden hilfsbereiten Dritten verhindert werden, dies hätte nämlich zum Verlust des Handys führen können.
Der erste Angeklagte nahm daraufhin ein Messer, das er mit sich führte, in die Hand, um es dem Geschädigten vor das Gesicht zu halten. Dieser sollte dadurch aufhören, um Hilfe zu rufen und gleichzeitig daran gehindert werden, sein Handy zurückzuerlangen. Dabei wurde der erste Angeklagte vom zweiten unterstützt, er erneuerte seinen Griff und hielt dem Geschädigten nach wie vor den Mund zu.
Aufgrund dieser Tatumstände wurde der erste Angeklagte vom Landgericht Dresden wegen „besonders schweren räuberischen Diebstahls“ und der zweite wegen „Beihilfe zum besonders schweren räuberischen Diebstahl“ verurteilt, wogegen Berufung eingelegt wurde.
BGH: Tatbestand besonders schwerer Raub verwirklicht
Der Bundesgerichtshof sah das anders, er gelangte zu der Ansicht, dass der erste Angeklagte das Messer, das er bei sich führte, mit Beutesicherungsabsicht verwendet hatte, und das noch, bevor der schwere Raub beendet worden war. Dadurch sah der Gerichtshof den Tatbestand gem. § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB – besonders schwerer Raub – verwirklicht. Der zweite Angeklagte förderte die Beutesicherung, erkannte dabei das Nötigungsmittel und nahm seinen Gehilfenvorsatz auf. Der Schuldspruch wurde daher vom Bundesgerichtshof entsprechend abgeändert, wobei der Strafausspruch unberührt blieb.