Der Paragraph 30a Abs. 2 Nr. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) regelt in dem hier zitierten Gesetzestext folgenden Sachverhalt:
„Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Artnach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.“
Das bedeutet also, dass bewaffneter Handel den Strafrahmen wesentlich erhöht. Dennoch kommt vor Gericht immer wieder zu Problemen, wenn es um die Beurteilung der Frage geht, ob sonstige Gegenstände oder Schusswaffen vom Verdächtigen mitgeführt worden sind. In der Entscheidung vom 23.01.2020 (3 StR 433/19) musste sich der Bundesgerichtshof zum wiederholten Male mit dem Thema auseinandersetzen, ab wann ein „bewaffnetes Handeltreiben“ zu bejahen ist.
Der Fall:
Im konkreten Fall hat der Angeklagte mit Drogen gehandelt, er hatte in seiner Wohnung 190 Gramm Amphetamin und etwa 70 Gramm Marihuana aufbewahrt, um die Suchtmittel gewinnbringend zu veräußern. Am gleichen Ort – konkret in seinem Schlafzimmer – war eine ungeladene, funktionstüchtige CO2-Pistole gelagert. Die passende Munition dazu wurde ebenfalls gefunden, der Ladevorgang hätte zwischen 6 und 54 Sekunden gedauert. Dann wäre die Waffe einsatzbereit gewesen.
LG: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ja - bewaffnetes Handeltreiben nein
Der Angeklagte wurde daraufhin vom Landgericht Koblenz nach § 29A Abs. 1 Nr. 2 BtMG wegen „Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ verurteilt. In diesem Urteil wurde nicht von „bewaffnetem Handeltreiben“ ausgegangen, da die CO2-Pistole nicht ohne entsprechenden Zeitaufwand geladen und in weiterer Folge verwendet hätte werden können.
BGH zu den Voraussetzungen für bewaffnetes Handeltreibens
Der Bundesgerichtshof prüfte das Urteil sachrechtlich, wobei es nicht standhielt. In der Entscheidung dazu wird ausgeführt, dass eine Voraussetzung für bewaffnetes Handeltreiben wäre, dass der Täter seine Waffe in der Weise verfügungsbereit hält, die ihm deren Einsatz ohne größeren Zeitverlust erlauben würde. Auch wurde festgehalten, dass die für dieses Delikt erforderliche räumliche Nähe zwischen der Waffe und den Betäubungsmitteln dann gegeben ist, wenn sich die Waffe in jenem Raum befindet, in dem auch der Handel stattfindet.
Falls sich die Waffe und die Betäubungsmittel nicht im selben Zimmer befinden oder die Waffe in einem Behältnis gelagert wird, dann kann das Mitsichführen gemäß § 30a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausgeschlossen werden. Die Beurteilung ist allerdings stets nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände möglich.
Vorliegend lassen die festgestellten Angaben keine ausreichend genaue Beurteilung zu
Im konkreten Fall ließ der Lagerort der Waffe – es handelte sich um ein „zugestelltes Sideboard“ – nicht konkret zu, beurteilen zu können, innerhalb welcher Zeitspanne der Täter an die Waffe hätte gelangen können. Dasselbe gilt für die Frage, ob die Pistole in gebrauchsfähigem Zustand war. Die Zeitspanne zwischen 6 und 54 Sekunden lässt keine Einschätzung zu, ob der Angeklagte nur wenige Sekunden oder knapp eine Minute benötigt hätte, um die Waffe gebrauchsfertig zu machen. Das ist aber ein wesentlicher Punkt, denn die Verwendungsfähigkeit der CO2-Pistole, die ungeladen ist, liegt nur dann vor, wenn die Waffe ohne größeren Zeitverlust und unschwer hätte geladen werden können.
Feststellungen des LG lückenhaft
Aufgrund des oben geschilderten Sachverhalts kam der Bundesgerichtshof zu dem Schluss, dass die vom Landgericht Koblenz getroffenen Feststellungen lückenhaft sind. Daher war eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht möglich. In weiterer Folge wurde das Urteil aufgehoben und an eine andere Strafkammer in Koblenz verwiesen, von der die Sache neu verhandelt und entschieden werden soll.