Diese Frage wird aufgrund eines Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 28.10.2014 in der Presse aufgeworfen. Bislang liegt nach unserer Kenntnis kaum Rechtsprechung zu dieser Thematik vor. In der Regel dürften Online-Händler aus Sorge, mit einer Klage nur für weitere Aufmerksamkeit für die schlechte Bewertung zu sorgen, auf ein rechtliches Vorgehen gegen schlechte Online-Bewertungen bzw. deren Urheber verzichten.
Internet ist kein rechtsfreier Raum
Allerdings ist das Internet alles andere als ein rechtsfreier Raum. Nutzer von kommerziellen Internet-Portalen wie Amazon und eBay oder Reiseportalen wie tripadviser etc. werden einerseits dazu angehalten, ihre Erfahrungen durch eine entsprechende Bewertung öffentlich zu machen. Der Nutzer soll eine möglichst ehrliche Meinung zu seiner Kauferfahrung abgeben. Dass es sich um eine rein subjektive Erfahrung des jeweiligen Nutzers handelt, versteht sich von selbst.
Meinungsfreiheit deckt Meinungen - nicht aber Tatsachenbehauptungen oder Beleidigungen
Deshalb und im Hinblick auf die Meinungsfreiheit steht den Nutzern grundsätzlich ein sehr weiter Spielraum bei der Formulierung ihrer Bewertungen zu. Doch es besteht eben keine Narrenfreiheit. Beleidigungen und Persönlichkeitsverletzungen sind ohnehin nicht erlaubt. Online-Bewertungen finden aber auch da ihre Grenzen, wo unwahre Tatsachen behauptet werden, da diese nicht unter die Meinungsfreiheit fallen.
OLG München hält Bewertung wegen falscher Tatsachenbehauptung für unrechtmäßig
Das OLG München hat nun in einem Fall über die Unterlassungsklage eines eBay-Händlers entschieden. Sein Kunde wurde verpflichtet, seine sehr negativ ausgefallene Bewertung bei eBay zu löschen. In seiner Bewertung hatte sich der Kunde nach dem Kauf von Bootszubehör über Mängel beschwert, ohne diese zuvor dem Händler anzuzeigen oder die Ware zurückzuschicken.
Der Anwalt des Online-Händlers nannte die Bewertung deshalb geschäftsschädigend und meinte, dass Internet-Händler gegen unberechtigt schlechte Bewertungen nicht schutzlos sein dürften.
In der ersten Instanz war die Klage noch vor dem Landgericht München mit dem Argument, dass die sachliche Unrichtigkeit der Bewertung nicht bewiesen worden sei, abgewiesen worden. Die Urteilsbegründung des OLG München liegt noch nicht vor und wird mit Spannung erwartet.
Meinungen im Internet: Der 'Gegner' liest mit
Denn das Urteil könnte sich durchaus zu einem Problem für Online-Portale, die von den Bewertungen ihrer Nutzer und den durch sie geschaffenen Content leben, erweisen. Wenn ihre Nutzer vor Abgabe einer Bewertung stets eine mögliche Abmahnung vor Augen haben, so ändert dies möglicherweise ihr Nutzerverhalten. Öffentliche Bewertungen sind eben etwas anderes als die Meinungskundgabe im engsten Freundeskreis, wo man auch einmal unberechtigte und überzogene Kritik loswerden kann, ohne dass dies in jedem Fall justiziabel ist.
Amazon-Händler scheiterte im „Fliegengitter-Fall“ mit Schadenersatzklage
In einem anderen Fall hat übrigens ein wegen einer negativen Bewertung klagender Amazon-Händler einen Dämpfer vor Gericht hinnehmen müssen. Vor dem Landgericht Augsburg scheiterte er in der als „Fliegengitter-Fall“ bekannt gewordenen Schadenersatzklage gegen einen Kunden. Dieser hatte nach dem Kauf eines Fliegengitters für 22,51 Euro eine negative Bewertung abgegeben, da er die mitgelieferte Montageanleitung (für die der Händler nun ja nichts kann) für mangelhaft hielt. Amazon sperrte darauf hin das Verkaufskonto des Händlers.
Der Händler verlangte 70.000 Euro Schadenersatz für die seiner Meinung nach dadurch verursachten Gewinneinbußen. Dass das Landgericht die Klage letzlich abwies, lag in diesem in diesem Fall daran, dass der Kläger nicht nachweisen konnte, dass die schlechte Bewertung zur Schließung seines Amazon-Kontos geführt hatte.
Kunden müssen bei einer Online-Bewertung jedenfalls besonders vorsichtig da sein, wo es nicht um eine bloße Meinung, sondern um Tatsachen geht. Die Behauptung falscher Tatsachen ist riskant - nicht nur im Internet. Dort allerdings wird nicht so schnell vergessen.