Die Öffentlichkeitsfahndung mit Veröffentlichung von Fotos eines der Begehung einer Straftat Beschuldigten steht in Konflikt mit den Persönlichkeitsrechten des Gesuchten. Denn grundsätzlich soll jeder selbst entscheiden, ob und wie seine personenbezogenen Daten (wozu auch Bilder seiner Person gehören) verwendet werden. Dieses Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist deshalb gegen das Strafverfolgungsinteresse des Staates abzuwägen.
Öffentlichkeitsfahndung bei Straftaten von erheblicher Bedeutung
Dem tragen die Regelungen zur Öffentlichkeitsfahndung in §§ 131 ff. StPO (Strafprozessordnung Rechnung. Gemäß § 131 a Absatz 4 StPO dürfen „Abbildungen eines Beschuldigten, der einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist“, zwecks Festnahme, Aufenthaltsermittlung, Aufklärung der Straftat und Identitätsfeststellung des Beschuldigten veröffentlicht werden.
Eingriff in Persönlichkeitsrecht des Gesuchten
Die Bildveröffentlichung ist also nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung erlaubt und wenn der Beschuldigte der Tatbegehung dringend verdächtig ist. Die Öffentlichkeitsfahndung ist bei geringfügigen Straftaten untersagt. Damit soll ein unverhältnismäßiger Einsatz der Öffentlichkeitsfahndung verhindert werden.
Richterliche Anordnung
Die Öffentlichkeitsfahndung mit Foto von dem gesuchten Beschuldigten steht unter dem Richtervorbehalt. Sie muss durch einen Richter auf Antrag der Staatsanwaltschaft angeordnet werden.
Kriterien für Straftaten von erheblicher Bedeutung
Es gibt keinen gesetzlich festgeschriebenen Katalog der „Straftaten von erheblicher Bedeutung“, bei denen die Öffentlichkeitsfahndung erlaubt ist. Maßgeblich ist eine einzelfallbezogene Beurteilung. Das Amtsgericht Bonn hat dazu in einer Entscheidung ausgeführt: „Das Gewicht der Straftat muss so groß sein, dass der mit einer Öffentlichkeitsfahndung verbundene intensive Eingriff in das Persönlichkeitsrecht angemessen ist.“
Unproblematisch ist die Beurteilung, wenn es sich um ein Kapitalverbrechen wie Totschlag handelt und von dem gesuchten Beschuldigten eine Gefahr ausgeht. Bei Straftaten von geringerem Gewicht ist aufgrund Kriterien wie dem Strafrahmen für die begangene Straftat, die konkrete Vorgehensweise bei Begehung der Tat und dem Maß an krimineller Energie zu entscheiden.
Keine Öffentlichkeitsfahndung bei geringfügigen Straftaten
Aus polizeilicher Sicht ist zu berücksichtigen, dass die Öffentlichkeitsfahndung nur zum Erfolg führt, wenn sie die Öffentlichkeit auch anspricht und die Bürger zur aktiven Beteiligung motiviert. Bei einer allzu häufigen Inanspruchnahme kann die Bereitschaft der Öffentlichkeit, mitzuwirken, in Mitleidenschaft gezogen werden.
Öffentlichkeitsfahndung nach Zeugen
Die Öffentlichkeitsfahndung mit Personenfoto ist übrigens auch bei der Suche nach Zeugen einer Straftat gestattet. Sie darf allerdings nur angeordnet werden, „wenn die Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere die Feststellung der Identität des Zeugen, auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre“ (§ 131b StPO).
Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz bei Persönlichkeitsrechtsverletzung
Verstoßen staatliche Stellen gegen diese rechtlichen Vorgaben und verletzen durch die ungerechtfertigte Veröffentlichung von Personenfotos die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person, so kann dies zu Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen führen. Aufgrund ihres Rechts am eigenen Bild haben Personen, deren Bild unerlaubt veröffentlicht wird, Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Erstattung des entstandenen Schadens sowie Zahlung von Schmerzensgeld. Diese Ansprüche können klageweise vor Gericht durchgesetzt werden.