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Krankenkassenrecht und Wettbewerbsrecht | 29.01.2015

Wechselwillig

Krankenkasse darf bei Krankenkassenwechsel nicht in die Irre führen

Entscheidungsbesprechung von Rechtsanwalt Thomas Bruggmann (BGH, Urteil vom 30.04.2014, Az. I ZR 170/10)

Krankenkassen ist es nicht erlaubt, irreführende Aussagen hinsichtlich eines Wechsels zu einer anderen Krankenkasse gegenüber ihren Kunden zu machen.

Nachdem der Europäische Gerichtshof die Anwendbarkeit von wettbewerbsrechtlichen Vorschriften auf gesetzliche Krankenkassen bejaht hat, entschied nun der BGH, dass eine Aussage, die wechselwilligen Krankenkassenmitgliedern eine 18-monatige Kündigungssperre bei einer neuen Krankenkasse prophezeit, wettbewerbswidrig ist.

BKK warnt ihre Mitglieder vor 18-monatiger Kündigungssperre bei Wechsel zu einer anderen Krankenversicherung

„Wer die BKK M. jetzt verlässt, bindet sich an die Neue für die nächsten 18 Monate. Somit entgehen Ihnen attraktive Angebote, die Ihnen die BKK M. im nächsten Jahr bietet und Sie müssen am Ende möglicherweise draufzahlen, wenn Ihre neue Kasse mit dem ihr zugeteilten Geld nicht auskommt und deswegen einen Zusatzbeitrag erhebt.“

Mit dieser Aussage warb eine BKK auf ihrer Internetseite. Die Wettbewerbszentrale sah darin eine Irreführung, weil damit das gesetzliche Sonderkündigungsrecht verschwiegen werde.

Wettbewerbszentrale schaltete sich ein

Weil die Krankenversicherung die geforderte Unterlassungserklärung der Wettbewerbszentrale nicht unterschrieb, kam es daraufhin zu einem gerichtlichen Verfahren. Sowohl das Landgericht Lüneburg als auch das Oberlandesgericht Celle entschieden den Fall zugunsten der klagenden Wettbewerbszentrale. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Klägerin ebenfalls Recht.

BGH legt EuGH Frage zur Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Vorschriften vor

Um den Fall entscheiden zu können, hatte der BGH zuvor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Klärung vorgelegt, ob die Werbung einer Krankenkasse nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften zu bewerten sei. Der EuGH bejahte dies. Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken sei dahingehend auszulegen, dass eine Köperschaft des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe wie der Verwaltung eines gesetzlichen Krankenversicherungssystems betraut ist, in den Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie fällt. Die Richtline habe nämlich die Zielsetzung, den Schutz der Verbraucher vor irreführende Geschäftspraktiken zu gewährleisten. Es bestünde die Gefahr, dass die Mitglieder einer Krankenkasse durch irreführenden Aussagen getäuscht und damit abgehalten werden, eine informierte Wahl zu treffen, die sie ohne die beanstandeten Angaben nicht getroffen hätten.

18-monatige Bindungsfrist nach Krankenkassenwechsel ist irreführend

Auf Grundlage dieser Entscheidung fällte nun der Bundesgerichtshof sein Urteil, und zwar zugunsten der Wettbewerbszentrale. Machen die gesetzlichen Krankenversicherungen von den Handlungsmöglichkeiten Gebrauch und treten mit anderen Krankenkassen in einen Wettbewerb um Mitglieder, handeln sie nach dem Willen des Gesetzgebers unternehmerisch. Die Aussagen seien auch irreführend, so die BGH-Richter weiter. Denn die von der BKK behauptete 18-monatige Bindungsfrist bei einem Wechsel widerspricht der tatsächlichen Gesetzeslage. Diese Irreführung sei geeignet, Mitglieder von einem Wechsel abzuhalten. Somit untersagte der BGH die Werbung.

Eine Entscheidungsbesprechung von [Anbieter­kenn­zeichnung]

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