In einem aktuellen Fall stürzte ein älterer Herr aufgrund des ruckartigen Anfahrens der Straßenbahn und verletzte sich dabei erheblich. Er machte dafür den Straßenbahnführer verantwortlich, denn dieser hätte seiner Ansicht nach warten müssen, bis er einen Sitzplatz oder einen sicheren Halt gefunden hätte. Dies habe umso mehr gegolten, da er rechtsseitig armamputiert war und er dem Straßenbahnfahrer seinen Schwerbeschädigtenausweis vorgezeigt hatte.
Der Straßenbahnführer meinte allerdings, dass der Fahrgast nach dem Einsteigen ausreichend Zeit gehabt habe, außerdem müsse er nicht dafür Sorge tragen, dass alle Fahrgäste sitzen oder sicher stehen.
BGH: Straßenbahnführer kann kein Schuldvorwurf gemacht werden
Dies sah der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung ähnlich. Dem Straßenbahnführer ist demnach kein Schuldvorwurf zu machen, weil er ruckartig losgefahren ist, denn selbst beim normalen Anfahren einer Straßenbahn könnten ruckartige Bewegungen auftreten. Eine besondere Sorgfaltspflicht kann aber in Ausnahmefällen bestehen. So etwa, wenn der Fahrgast gehbehindert oder blind sei. Ein solcher Ausnahmefall hat hier aber nicht vorgelegen, denn der Fahrgast konnte ohne Hilfe in die Straßenbahn einsteigen und wurde von seiner Ehefrau begleitet (Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.11.1971, Az. VI ZR 69/70).