Müssen es minderjährige Kinder eines Prominenten dulden, dass sie, ohne selbst in die Öffentlichkeit getreten zu sein, identifizierend, als Kinder eines Prominenten benannt werden? Diese Frage beschäftigt am 22. Oktober 2013 den Bundesgerichtshof. Er hat über die Klage der Adoptivtochter von Günther J. und seiner Ehefrau Thea S.-J. zu entscheiden. Die Adoptivtochter von Günther J. trägt den Namen S.
Bericht in der Zeitschrift „Viel Spaß“
In dem Rechtsstreit geht um eine Veröffentlichung der Zeitschrift „Viel Spaß“. Die Beklagte schrieb in einem Beitrag über die Ehe von G. J.:
„Sie [Thea S.-J.] kümmert sich im heimischen Potsdam um die vier Kinder, die beiden leiblichen Töchter Svenja (21) und Kristin (18) sowie die adoptierten Mädchen Katja (14) und Mascha (10).“
Mascha S. verlangt Unterlassen
Mascha S. verlangt von der Beklagten, die Veröffentlichung der Behauptung zu unterlassen, sie sei ein Kind von Günther J. Die Abmahnung der Beklagten blieb erfolglos. Das Landgericht Hamburg (Az. 324 O 454/11) hat der Klage im Januar 2012 stattgegeben. Hiergegen legte die Beklagte beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg Berufung ein. Das OLG wies die Berufung im April 2012 zurück (Az. 7 U 5/12). Die Kinder hätten einen Anspruch darauf, ungestört aufwachsen zu können, urteilte das OLG. Dieses Interesse der Kinder wiege schwerer, als das Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, wie die Kinder eines Prominenten heißen.
OLG Hamburg: Auch Sozialsphäre geschützt
Das Oberlandesgericht Hamburg führte in seiner Entscheidung zum Schutz der Sozialsphäre aus: „Der Beklagten mag zwar darin zu folgen sein, dass die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer bestimmten Familie eher der Sozialsphäre als der Privatsphäre zugehört. Das aber bedeutet nicht, dass Eingriffe in diese Persönlichkeitssphäre ohne Weiteres zulässig wären. Die Sozialsphäre genießt zwar keinen derart umfassenden Schutz wie die Privatsphäre oder gar die Intimsphäre, dem grenzenlosen Zugriff der Öffentlichkeit ausgesetzt ist sie aber auch nicht. Es bedarf auch insoweit jeweils einer Abwägung, ob das Interesse der von einer Berichterstattung betroffenen Person, nicht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt zu werden, oder das Interesse der Öffentlichkeit überwiegt, über die betroffene Person informiert zu werden.“
Nachdem das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen hat, beschäftigt sich jetzt der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz mit dem Rechtsstreit.
Auf was es bei der Entscheidung des BGH ankommt
Der Fall wirft die Fragen auf, ob die Klägerin durch einen Bericht über die verwandtschaftliche Beziehung und die familiäre Zuordnung zu ihrem Vater Günther J. in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wird und - gegebenenfalls - ob bei einer Wortberichterstattung auf eine Abwägung der betroffenen Grundrechte im Einzelfall verzichtet werden kann, wenn ein Kind von der Berichterstattung betroffen ist.
Nachtrag vom 05.11.2013:
Lesen Sie hier die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.11.2013, Az. VI ZR 304/12