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Versicherungsrecht | 06.11.2017

Berufs­unfähigkeit

Berufs­unfähigkeit: Erkrankungen an Rücken und Band­scheiben­vorfall

Keine Leistungs­ansprüche bei Beeinträchtigungen von weniger als 50 %

In unserem heutigen Beitrag informiere ich Sie darüber, wie Sie Ihren Anspruch gegen Ihren Berufs­unfähigkeits­versicherer auf Berufsunfähigkeits­leistungen bei Rücken­erkrankungen und Band­scheiben­vorfällen durchsetzen.

Sie sollten von vornherein berücksichtigen, dass Ihr Versicherer jede rechtliche Möglichkeit ergreifen wird, um den Leistungs­anspruch zurück­zuweisen und so den teilweise immensen Zahlungs­ansprüchen zu entgehen. Dies gilt insbesondere bei der sehr verbreiteten Vertragsv­ariante, bei welcher erst ab einer Beeinträchtigung von mindestens 50 % Leistungs­ansprüche bestehen.

Hierbei gibt es zwei Faktoren, auf die es wesentlich ankommt und bei denen der Berufs­unfähigkeits­versicherer seine Möglichkeiten nutzen wird, um den Anspruch zunichte zu machen. Kann der Versicherer die Fähigkeit zur Berufs­ausübung bei diesen zwei „Stell­schrauben“ so weit nach unten drehen, dass die Beeinträchtigung nicht mehr mindestens 50 % ausmacht, haben Sie keinerlei Ansprüche und der Versicherer ist komplett leistungs­frei.

Erstellung des Berufsbildes

Der erste Bereich oder die erste „Stell­schraube“ ist hierbei das sogenannte Berufsbild. Unter der Bezeichnung des Berufs­bildes verbirgt sich die Festlegung, welche Anforderungen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit bestanden haben. Diesbezüglich müssen Sie wissen, dass der Berufs­unfähigkeits­versicherer hierzu Angaben von Ihnen haben möchte, bevor er die Berufs­unfähigkeits­leistung erbringt. Grund­sätzlich gilt: Je höher die beruflichen Anforderungen waren, desto eher wird die Grenze zur Berufs­unfähigkeit überschritten.

Tatsächliche Arbeitszeit angeben

Sollten Sie also einen Arbeits­vertrag haben, in dem eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden steht, Sie aber regelmäßig 10 Stunden gearbeitet haben und gegebenenfalls noch am Wochenende, müssen Sie das auch so angeben. Es gilt nämlich die tatsächliche Arbeitszeit und nicht die in dem Arbeits­vertrag niedergelegte.

Sollten Sie beispiels­weise noch in der Lage sein, täglich 4,5 Stunden zu arbeiten, ist die Grenze zur Berufs­unfähigkeit Grund­sätzlich bei einem 8-Stunden-Tag nicht erreicht, bei einem 10-Stunden-Tag aber schon.

Nur körperliche Arbeit zählt bei der Berechnung

Des Weiteren wird der Versicherer bei seiner Berechnung der 50 % all diejenigen Zeiten in Abzug bringen, welche nicht aus körperlicher Arbeit bzw. körperlichen Beanspruchungen stehen. Sie sollten also bei der Angabe des Berufs­bildes nicht „großzügig“ dahingehend sein, dass Sie bei häufig geschätzten Zeiten nicht-körperlicher Tätigk­eiten im letzten Beruf zu viele Zeiten mit nicht-körperlichen Tätigk­eiten angeben.

Werden die obigen Grundsätze beachtet, kann vermieden werden, dass Sie die Berufs­unfähigkeits­leistung schon deshalb nicht erhalten, weil Sie selbst – und ohne weiter darüber nachzudenken – für sich unvorteilhafte Angaben gemacht haben. Es kann den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob der Versicherer nach der Aufklärung des Berufs­bildes beispiels­weise 4 Stunden oder 6 Stunden körperliche Arbeit täglich zugrunde legen muss.

Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung

Der zweite Bereich, oder die zweite „Stell­schraube“, bildet die Frage des Ausmaßes der gesundheitlichen Beeinträchtigung. Insoweit haben die körperlich Geschädigten zunächst den Vorteil, dass körperliche Beeinträchtigungen in der Regel nicht so einfach weg­diskutiert werden können, wie das häufig bei psychischen Beeinträchtigungen versucht wird. Körperliche Beeinträchtigungen sind oftmals unter anderem mit objektiven Untersuchungs­methoden, beispiels­weise Röntgen­bildern, nachweisbar.

Erstellung eines medizinischen Gutachtens durch Versicherer

Der Versicherer wird sich aber nicht auf ärztliche Berichte verlassen, die der Versicherungs­nehmer beibringt. Das gilt nicht einmal, wenn es sich um ärztliche Berichte auf Veranlassung beispiels­weise der Kranken­kasse oder der Renten­versicherung handelt. Stattdessen wird der Versicherer regelmäßig verlangen, dass eine Untersuchung durch einen von dem Versicherer beauftragten und bezahlten Mediziner erfolgt. Hierbei kann sich der ärztliche Beurteilungs­spielraum negativ auswirken. Beispiels­weise ein Band­scheiben­vorfall kann ganz geringe oder auch gravierende Auswirkungen haben. Dies gilt unabhängig davon, dass ein Band­scheiben­vorfall ganz eindeutig besteht.

Entscheidend ist jedoch das Ausmaß der Beeinträchtigung, insbesondere die Beeinträchtigung der körperlichen Funktion. Spätestens bei der ärztlichen Untersuchung sollten Sie alle vorliegenden medizinischen Berichte, insbesondere Röntgen­bilder, mitbringen und die tatsächlichen Beeinträchtigungen genau beschreiben.

Durchsetzung der Ansprüche mit anwaltlicher Hilfe

Sollte das Untersuchungs­ergebnis dennoch negativ für Sie ausfallen, sollten Sie sich hierdurch auf keinen Fall beeindrucken lassen. Es handelt sich schließlich um eine Untersuchung, die der Versicherer beauftragt und bezahlt hat. Besprechen Sie das Untersuchungs­ergebnis mit Ihren behandelnden Ärzten und ziehen Sie spätestens dann auch qualifizierten anwaltlichen Rat hinzu.

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