Arbeitnehmer nutzt dienstliches Arbeitsmaterial zur Herstellung illegaler Raubkopien
In dem Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der als „IT-Verantwortlicher“ bei einem Gericht beschäftigt war. Ihm oblag die Verwaltung und Bestellung von Computerzubehör. Doch das nutzte er nicht nur zu dienstlichen Zwecken: Der Mitarbeiter räumte im März 2013 ein, einen dienstlichen Farbdrucker seit längerer Zeit zur Herstellung von CD-Covern genutzt zu haben. Bei einer anschließenden Prüfung wurden auf den Festplatten eines von dem Arbeitnehmer genutzten Computers mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodateien gefunden. Zudem wurde eine Software entdeckt, die den Kopierschutz solcher Daten knacken kann. Und es kam heraus, dass mit dem Computer in der Zeit von Oktober 2010 bis März 2013 mehr als 1.100 DVDs bearbeitet worden waren. In dem gleichen Zeitraum waren etwa gleich viele DVD-Rohlinge auf Kosten des Gerichts bestellt und geliefert worden. Im Laufe der Ermittlungen gestand der Arbeitnehmer all dies ein, nahm das Eingeständnis später allerdings ausdrücklich zurück. Der Arbeitgeber, das Bundesland Sachsen-Anhalt, hatte die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt.
Kündigungsschutzklage zunächst erfolgreich
In den ersten Instanzen hatte die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers Erfolg. Das Landesarbeitsgericht nahm an, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil unklar gewesen sei, welchen Tatbeitrag gerade der Arbeitnehmer zu den Kopier- und Brennvorgängen geleistet habe. Eine umfassende Aufklärung, die den Arbeitnehmer möglicherweise entlastet hätte, habe auch nicht stattgefunden.
Zulässigkeit der privaten Nutzung des Dienstcomputers rechtfertigt keine Herstellung von Raubkopien
Die Arbeitgeberseite ging in die Revision vor das Bundesarbeitsgericht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.07.2015, Az. 2 AZR 85/15). Nach Ansicht der höchsten Arbeitsrichter kommt eine fristlose Kündigung auch dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen hat, sondern dabei mit anderen Bediensteten zusammengewirkt oder das Herstellen von „Raubkopien“ durch diese bewusst ermöglicht hat. Aus dem Umstand, dass es ihm erlaubt gewesen sei, seinen dienstlichen Rechner für bestimmte andere private Zwecke zu nutzen, habe dieser nicht schließen können, ihm seien die Kopier- und Brennvorgänge gestattet.
Kündigung wegen verzögerter Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden nicht unwirksam
Auch sei die fristlose Kündigung nicht deshalb unwirksam, weil das beklagte Land Ermittlungen zunächst selbst angestellt und nicht sofort die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet habe. Ein solches Vorgehen ist dem Arbeitgeber grundsätzlich unbenommen. Solange er die Ermittlungen selbst zügig durchführt, wird auch dadurch der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB gehemmt.
Anhörung des Personalrats erfolgte ordnungsgemäß
Irrelevant sei, welche Maßnahmen der Arbeitgeber gegenüber den anderen Bediensteten ergriffen hat. Da die Anhörung des Personalrats ordnungsgemäß erfolgt war, hob das Bundesarbeitsgericht die Instanzenrechtsprechung auf und erklärte die fristlose Kündigung für wirksam.
Jede Art von Straftat berechtigt Arbeitgeber grundsätzlich zur sofortigen Kündigung
Damit wurde vom Bundesarbeitsgericht erneut klargestellt, dass grundsätzlich jede Art von Straftat in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis den Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis zu sofort zu beenden.