Rund 102.000 Euro an Beitragsnachzahlungen, zu entrichten für fünf gewerbliche Arbeitnehmer sowie zwei Angestellte und für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren: mit dieser Forderung gegen einen Photovoltaik-Betrieb zog die Sozialkasse des Baugewerbes (SOKA-Bau) bis vors Bundesarbeitsgericht. Das entschied schließlich, dass die Beitragsansprüche der SOKA-Bau unberechtigt waren. Als Betrieb des Elektroinstallationsgewerbes fällt das von ihr verklagte Unternehmen nicht unter den VTV, den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Deshalb muss es keine Sozialkassenbeiträge bezahlen.
Arbeitszeitlich überwiegend: Montage von Photovoltaikanlagen
Im Handelsregister war der Betrieb mit einer Vielzahl von Aktivitäten verzeichnet: Handel, Projektierung und Bau von Solar- und Photovoltaikanlagen, deren Reparatur und Wartung sowie Beratung zur Gründung von Solar- und Photovoltaik-Beteiligungsgesellschaften.
In der Praxis entfiel der Großteil der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf die Aufdach-Montage von PV-Anlagen: das Befestigen der Träger- bzw. Unterkonstruktionen, die Gleichstromverkabelung, die Montage der Solarmodule selbst sowie den Einbau der Wechselrichter und die Netzanbindung.
Die Gesamtarbeitszeit ist im Streit mit der SOKA-Bau zentral
Welche Arbeiten die Gesamtarbeitszeit des Betriebs bestimmen, ist beim Streit über Beitragsansprüche der Sozialkasse Bau entscheidend: Entfällt mehr als die Hälfte der Arbeiten auf Tätigkeiten, die der Sozialkassentarifvertrag (VTV) aufführt, gilt grundsätzlich Beitragspflicht.
Allerdings handelt es sich in der Praxis oft um sogenannte Sowohl-als-auch-Tätigkeiten. Solche Arbeiten lassen sich je nach den konkreten Umständen als SOKA-pflichtige Bautätigkeiten einordnen, oder aber als Arbeiten eines anderen Gewerks, das dem VTV und damit der Sozialkasse nicht unterfällt. Das gilt auch für PV-Montage: Sie fällt grundsätzlich ins Elektrotechnik-Handwerk und damit aus dem VTV heraus. Der Tarifvertrag enthält eine Klausel, die Betriebe des Elektroinstallationsgewerbes grundsätzlich ausnimmt.
Montage von Photovoltaik-Anlagen ist Elektroinstallation
Die Sozialkasse der Bauwirtschaft war trotzdem der Ansicht, die Montage der Photovoltaik-Anlagen berechtige sie zu Beitragsforderungen. Ihrer Darstellung nach handelte es sich dabei um „Trocken- und Montagebauarbeiten“, Arbeiten, die der VTV erwähnt. Der Aufbau der PV-Anlagen sei nicht mehr als die Montage von Fertigbauteilen.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden in der ersten Instanz konnte die SOKA-Bau von ihrem Anspruch überzeugen. Beim Landesarbeitsgericht Wiesbaden in der Berufung und dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt in der Revision war es anders: Beide Gerichte wiesen die Klage der Sozialkasse ab.
Sie entschieden, dass das Photovoltaik-Unternehmen nicht in den betrieblichen Geltungsbereich des Sozialkassentarifs fällt. Grund: Die Montage der Photovoltaik-Anlagen war dem Elektroinstallationsgewerbe zuzuordnen. Sie gehört ins Berufsbild des Elektroinstallateurs bzw. Elektronikers. Das, so das Bundesarbeitsgericht, gilt nicht nur für den Anschluss einer PV-Anlage ans häusliche Stromnetz, sondern auch für ihre Installation.
Photovoltaikanlagen-Montage als „Sowohl-als-auch“-Tätigkeit
Ein „Freifahrtschein“ für alle Betriebe, die Photovoltaikanlagen montieren, stellt die Gerichtsentscheidung allerdings nicht dar. Das BAG stellte fest, dass solche Arbeiten beides sein können: baugewerbliche, SOKA-pflichtige Leistungen oder nicht beitragspflichtige Elektroinstallationstätigkeiten. Entscheidend ist das „Gepräge des Betriebs“.
Im vorliegenden Fall wurde das Unternehmen von einem Elektroinstallateur-Meister geleitet und beschäftigte daneben einen weiteren Meister dieses Handwerks. Die beiden Meister beaufsichtigten sämtliche Arbeiten. Dieser Gesichtspunkt war es, der gegen die Beitragspflicht sprach: Die PV-Montage als „Sowohl-als-auch-Tätigkeit“ wurde von Elektrotechnik-Fachleuten angeleitet oder ausgeführt. Das gab dem Unternehmen das Gepräge eines Betriebs dieses Handwerks und bewahrte es vor den SOKA-Beitragsforderungen.
Die Darstellung der SOKA-Bau, es habe sich um „Trocken- und Montagebauarbeiten“ gehandelt, verwarf das BAG dagegen. Nicht jede Montage von Teilen im Zusammenhang mit einem Bauwerk falle unter diesen Begriff.
Beitragsansprüche der Sozialkasse ausschließen oder abwehren: Fachanwalt Dr. Meides hilft
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Stellung von Photovoltaik-Betrieben gegenüber der Sozialkasse Bau. Einen Freifahrtschein stellt es allerdings nicht dar: Unter bestimmten Umständen kann der SOKA-Bau durchaus gelingen, den baugewerblichen Charakter eines Betriebs als Argument für Beitragsforderungen zu nutzen.
Wenn Sie dies für Ihr Unternehmen ausschließen wollen, kann Rechtsanwalt Dr. Meides Sie beraten. So kann die Anstellung von ausgebildeten Elektrotechnikern oder eine Mitgliedschaft in der Elektrotechnik-Innung der SOKA von vornherein einen Riegel vorschieben. Entscheidend sind allerdings stets die konkreten Umstände.
Haben Sie bereits mit konkreten Ansprüchen der Sozialkasse zu kämpfen, ist die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft ebenfalls die richtige Adresse: Als Fachanwalt für Arbeitsrecht befasst sich Dr. Meides seit Jahrzehnten mit der Abwehr unberechtigter Sozialkassenforderungen. Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte, Frankfurt.