So wurde dem Konzern in einem von der Kölner Kanzlei Rogert & Ulbrich geführten Prozess vom Gericht im März 2019 aufgegeben, der gegenwärtige Vorstand möge sich dazu erklären, ob ihm Erkenntnisse vorliegen, wonach der damalige Vorstand im Zeitpunkt der Kaufentscheidung der Klägerseite Kenntnis von der Software „manipulation“ gehabt habe.
Aufklärung ohne Abschlussbericht
Gerichtsbekannt sei, dass die Volkswagen AG die Anwaltskanzlei Day Jones mit der „Aufklärung“ u.a, durch Interviews von zahlreichen Mitarbeitern und Sichtung von Dokumenten beauftragt hatte und dass der Aufsichtsratsvorsitzende Pötsch in der Hauptversammlung am 11.05.2017 erklärt habe, dass es einen Abschlussbericht nicht geben werde, weil es für die Beklagte unvertretbar riskant sei.
Gegenwärtiger Vorstandsvorsitzender gibt Betrug zu
Im Beschluss heißt es weiter, dass am 18.06.2019 der gegenwärtige Vorstandsvorsitzende, Herr Herbert Diess, in der ZDF Fernsehsendung Markus Lanz auf die Frage des Moderators (ab Minute 54:30 des in der ZDF Mediathek abrufbaren Videos) „Hätten Sie das für möglich gehalten, dass deutsche Autoindustrie mal auf dem Niveau manipuliert und ehrlich gesagt betrügt? u.a. geantwortet “Das was wir gemacht haben war Betrug, ja.„ (ab Minute 55:14).
Umschaltlogik von Mitarbeitern auf der Arbeitsebene programmiert und bedatet
In anderen laufenden Verfahren vor derselben Kammer habe die Beklagte ergänzend dargelegt, dass die Sachverhaltsermittlungen insbesondere zur Kenntnisnahme damaliger Vorstandsmitglieder noch nicht abgeschlossen seien. Aufgrund der derzeitigen Erkenntnisse gehe man bei Volkswagen davon aus, dass die verbaute Umschaltlogik von Mitarbeitern auf der Arbeitsebene programmiert und bedatet worden sei. Man verfüge über keine Erkenntnisse, dass vormalige Vorstandsmitglieder im Zeitpunkt der Kaufentscheidung der Klägerseite von der Programmierung oder der Verwendung der Umschaltlogik Kenntnis gehabt bzw. diese gebilligt hätten.
Äußerungen sind nicht mit prozessualen Einlassung der Beklagten in Einklang zu bringen
Das Gericht kommt nun zu dem Schluss, dass die Äußerungen von Herrn Pötsch und Herrn Diess nicht mit der prozessualen Einlassung der Beklagten in Einklang zu bringen seien.
Dafür wäre es mindestens erforderlich, die betreffenden Mitarbeiter der Arbeitsebene namentlich zu benennen und das Ergebnis Ihrer zu unterstellenden Anhörungen anlässlich der internen Ermittlungen im Hinblick auf die Unterrichtung der nächst höheren Verantwortungsebenen konkret mitzuteilen oder mitzuteilen, wer genau im Unternehmen aus der Sicht von Herrn Diess “den„ Betrug beging. Dieses sei keine unzumutbare Ausforschung des Sachverhaltes. Dies folge aus den besonderen Umständen des Falles, insbesondere gerade aus den Erklärungen von Herrn Pötsch und Herrn Diess angesichts der - selbstverständlichen - internen Ermittlungen.
Eine andere Beurteilung würde aus der Sicht einer vernünftig denkenden Partei gleichsam wie eine Verhöhnung ihrer materiellen Interessenlage anmuten.
Das Prozessrecht diene auch unter Berücksichtigung des Beibringungsgrundsatzes in erster Linie der Verwirklichung des materiellen Rechts und nicht zu dessen Verhinderung.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Marco Rogert hält Aussage von Herrn Diess für öffentliches Geständnis
Rechtsanwalt Prof. Dr. Marco Rogert, Gründungspartner, ordnet den Hinweisbeschluss ein: “Erstmalig traut sich ein Gericht, die auf der Hand liegenden Widersprüche in dem Vortrag der Anwälte einerseits und den Spitzen des Volkswagenkonzerns andererseits zu einem Entscheidungskriterium zu erheben. Wie kann Herr Pötsch in der Hauptversammlung sagen, dass das Jones Day Gutachten nicht veröffentlicht werde, weil der Inhalt für VW erhebliche Nachteile mit sich bringen könne und wie kann sich Herr Diess zustimmend zu dem Vorwurf des Betruges äußern, wenn ihre Anwälte nach wie vor behaupten, man habe gar nicht illegal gehandelt? Wir halten die Aussage von Herrn Diess für ein öffentliches Geständnis vergleichbar mit dem „conspiracy“-Geständnis in den USA.