Produktion von Fertigbädern
Vor allem beim Bau von Hochhäusern Hotels, Kliniken und Heimen werden häufig vorproduzierte Fertigbäder eingebaut: vorgefertigte Nasszellen aus Boden, Wänden und Decke, mit Becken, Wasserhähnen, Leitungen, und Elektroinstallationen versehen, gefliest und anschlussfertig.
Der Einsatz von Leichtbeton erlaubt es, sie auf der Baustelle per Kran in das Bauwerk einzuheben oder mit Hubwagen horizontal an ihre Position zu verschieben. Diese muss natürlich vorbereitet und nivelliert sein.
Das spart dem Bauherren Zeit und Aufwand und damit in der Regel Geld. Die Beauftragung und Koordinierung mehrerer verschiedener Gewerke entfällt. Für die späteren Nutzer oder Bewohner sind Fertigbäder von einem konventionell eingebauten Badezimmer kaum zu unterscheiden.
Unternehmen arbeitet als Mischbetrieb
In dem erwähnten Prozess ging es um ein Unternehmen aus dem Raum Augsburg, das mit 15 Mitarbeitern Fertigbäder produzierte, wobei die eigentliche Fertigung zu einem großen Teil von Subunternehmern ausgeführt wurde. Die eigenen Mitarbeiter waren nur teilweise für Installationsarbeiten in den Fertig-Nasszellen und für die Abnahme der Module zuständig. Als zweites Standbein betrieb das Unternehmen mit zwanzig Mitarbeitern einen normalen Handwerksbetrieb im Bereich der Heizungs- und Sanitärinstallation. Entsprechend war es sowohl Mitglied der IHK wie auch der Handwerkskammer, zudem Mitglied der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Nordschwaben.
Knapp die Hälfte der bestellten Fertigbäder lieferte das Unternehmen ohne weitere Arbeiten an die Kunden aus. Die übrigen Fertigbäder transportierte ein weiteres Unternehmen zur jeweiligen Baustelle und hob sie mit Kränen in den Rohbau, allerdings ohne die Anschlussarbeiten auszuführen. Der Geschäftsführer des Herstellerbetriebs leitete auch dieses, für Transport und Einsetzen zuständige Unternehmen.
Klage wegen Nachzahlung von SOKA-Beiträge für Fertigbäder-Produzenten
Ursprünglich fast 1.2 Mio. Euro wollte die Sozialkasse unter Berufung auf den VTV (Tarifvertrag über das Sozialkassenwesen im Baugewerbe) von dem Unternehmen haben, als Nachzahlung für mehr als fünf Jahre. In der ersten Instanz, vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden, bekam sie damit auch recht. Das Landesarbeitsgericht Hessen als nächste Instanz entschied allerdings zugunsten des verklagten Betriebs und gegen die Sozialkasse.
LAG verneint SOKA-Beitrag für Fertigbauteile-Herstellung
Ausschlaggebend für die Richter: bei der Produktion der Nasszellen handelte es sich nicht um Fertigbauarbeiten im Sinne des VTV. Denn die Fertigbauteile stellte das beklagte Unternehmen nur her, ohne sie selbst noch von einem beteiligten Gesellschafter einzubauen oder zu montieren. Und auch der handwerkliche Installationsbetrieb des Unternehmens war nicht SOKA-pflichtig. Als Innungsmitglied des Ausbaugewerbes wurde er nicht von der Sozialkassenpflicht erfasst.
Unterschied zwischen Fertigbau und Produktion von Fertigbauteilen kann über Beitragspflicht entscheiden
Der Unterschied zwischen Fertigbau einerseits und der Produktion von Fertigbauteilen kann über die Beitragspflicht zur Sozialkasse entscheiden:
- Um Fertigbau handelt es sich, wenn das Unternehmen, das Fertigbauteile herstellt, sie selbst in ein Gebäude einbaut. Fertigbau ist genau wie konventionelle Bauweisen grundsätzlich sozialkassenpflichtig.
- Die industrielle Produktion von Fertigbauteilen allein ist dagegen nicht baulich im VTV-Sinn. Deshalb kann die SOKA dafür keine Beiträge fordern.
Im konkreten Fall ist die Situation trotzdem häufig unklar. Viele Unternehmen der Fertigbauteil-Industrie bieten zusätzlich die Montage oder Aufstellung an. Dann muss der Einzelfall sehr genau überprüft werden.
Ein Beispiel im Bereich von Fertigbädern sind sogenannte „elementierte Nasszellen“, bei denen vorproduzierte Badelemente in Teilen geliefert und vor Ort zur kompletten Nasszelle zusammengesetzt und eingebaut werden. Das kann schnell zur Beitragspflicht führen.
Gesellschaftsrecht und SOKA-Beitragspflicht
- Der Fall zeigt, wie wichtig die betriebliche oder gesellschaftsrechtliche Gestaltung für die Beitragspflicht zur Sozialkasse sein kann. Das Landesarbeitsgericht prüfte, ob die Fertigbäder-Produktion und der Installateurbetrieb zwei getrennte Betriebsabteilungen eines Unternehmens darstellten oder nicht. Auch die mögliche Beteiligung an der vom gleichen Geschäftsführer geleiteten Firma, die die Nasszellen transportierte und einbaute, war eine entscheidende Frage. Dass derselbe Geschäftsführer beide Unternehmen leitete, reichte für einen Unternehmenszusammenschluss im tarifrechtlichen Sinn und damit für eine SOKA-Beitragspflicht allerdings nicht aus.
- Man sieht: Sozialkassenrecht ist komplex. Selbst Beteiligungsverhältnisse und die formelle Gliederung eines Unternehmens können über eine SOKA-Bau-Beitragspflicht entscheiden.