Wer beim Autofahren mit dem Handy erwischt wird, muss laut aktuellem Bußgeldkatalog 2011 ein Bußgeld von 40,- Euro zahlen und erhält einen Punkt in Flensburg. Aber gilt dies auch vor der roten Ampel oder wenn das Handy nur „umgelagert“ werden soll?
Straßenverkehrsordnung und Bußgeldkatalog
Das so genannte Handyverbot ist in der Straßenverkehrsordnung in § 23 Abs. 1a geregelt. § 23 Abs. 1a StVO lautet:
Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Das gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgestellt ist.
Wer gegen diese Vorschrift verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und wird nach dem Bußgeldkatalog „bestraft“. Der Bußgeldkatalog 2011 sieht eine Geldbuße von 40,- Euro und 1 Punkt vor.
Telefonieren vor der roten Ampel
Eine verbotene Benutzung eines Mobiltelefons durch einen Fahrzeugführer liegt nach einer Entscheidung des OLG Hamm nicht vor, wenn das Fahrzeug vor einer Rotlicht zeigenden Ampel steht und der Motor ausgeschaltet ist (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 06.09.2007, Az. 2 Ss OWi 190/07). Bereits 2006 entschied das Oberlandesgericht Bamberg, dass einem Kraftfahrzeugführer gem. § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons gestattet sei, wenn das Kraftfahrzeug stehe und der Motor ausgeschaltet sei. Die Begriffe „stehen“ und „ausgeschaltet“ würden nach ihrer Wortbedeutung nur ein statisches Moment bezeichnen. Ein bestimmtes Zeitmoment im Hinblick auf die Dauer des jeweiligen Zustandes oder eine Abhängigkeit zu einer bestimmten Verkehrssituation im möglichen Tatzeitpunkt könne den Begriffen nicht entnommen werden (Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 29.09.2006, Az. 3 Ss OWi 1050/06). Andererseits präzisierte das OLG Celle, dass das Handy vor der roten Ampel nicht benutzt werden dürfe (Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 24.11.2005, Az. 211 Ss 111/05 (Owiz)).
Nutzung des Handys als Diktiergerät ist während der Fahrt verboten
Das Thüringer Oberlandesgericht hatte sich im Rahmen eines Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen ein Urteil des Amtsgerichts Sömmerda in einer Bußgeldsache mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Gebrauch eines Handys als Diktiergerät während der Fahrt verboten ist. Gemäß § 23 Abs. 1a StVO ist einem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist, entschieden die Richter (Thüringer Oberlandesgericht Jena, Beschluss vom 16.05.2006, Az. 1 Ss 82/06)
Umlagern des Mobiltelefons während der Fahrt ist erlaubt
Wenn das Mobiltelefon während der Fahrt ohne weitere Benutzung lediglich aufgenommen wird, um es an einem anderen Ort abzulegen, liegt kein Verstoß gegen das „Handyverbot“ vor. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2006, Az. IV-2 Ss OWi 134/06-70/06 III; IV Ss OWi 134/06).
Handy darf nicht als Navigationsgerät genutzt werden
Die Benutzung eines Mobiltelefons am Steuer ist auch dann untersagt, wenn der Autofahrer die eingebaute Navigationsfunktion des Gerätes nutzen will. Der 1. Strafsenat des OLG Köln ließ die Rechtsbeschwerde eines Autofahrers nicht zur Entscheidung zu, der durch das Amtsgericht Bonn wegen der Handynutzung zu einer Geldbuße von 70,- Euro verurteilt worden war (Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 26.06.2008, Az. 81 Ss-OWi 49/08).
Telefonnummer ablesen ist verboten
Beim Autofahren ist auch der Blick auf das Handydisplay verboten. Ein Fahrer, der während der Fahrt das Handy in die Hand nimmt, um vom Display eine abgespeicherte Telefonnummer abzulesen, begeht daher eine Ordnungswidrigkeit (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 12.07.2006, Az. 2 Ss OWi 402/06).
Telefonieren auf dem Seitenstreifen der Autobahn ist nicht erlaubt
Auch auf dem Seitenstreifen einer Autobahn und bei laufendem Motor ist das Telefonieren mit dem Handy nicht erlaubt. Der Seitenstreifen ist ein unselbständiger Bestandteil der Richtungsfahrbahn der Autobahn und bildet mit den angrenzenden Fahrstreifen eine Fahrbahn im Rechtssinne. Während des vorübergehenden Haltens auf dem Seitenstreifen ist der Autofahrer mithin Teilnehmer des fließenden Verkehrs (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2008, Az. IV-2 Ss (OWi) 84/08 - (OWi) 39/08 III).
Palm-Organizer darf nicht genutzt werden
Auch ein mit Telefonfunktion ausgestatteter Palm-Organizer darf im Straßenverkehr nicht benutzt werden. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einer Grundsatzentscheidung entschieden. Das Gericht setzte den Organizer einem Mobil- und Autotelefon gleich, dessen Benutzung dem Fahrzeugführer im Straßenverkehr untersagt ist (Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 27.11.2006, Az. 3 Ss 219/05).
Fahrlehrer darf nicht telefonieren
Das Handy-Verbot gilt auch für Fahrlehrer während einer Ausbildungsfahrt. Durch das Telefonieren besteht die Gefahr, dass der Fahrlehrer abgelenkt wird und bei einem Fahrfehler nicht sofort eingreifen kann. Unabhängig vom Begriff des Fahrzeugführers im Sinne von § 2 Abs. 15 Satz 1 StVG treffen die Kriterien einer Fahrzeugführerschaft auch auf einen Fahrlehrer zu, der nicht bei einer Ausbildungsfahrt selbst hinter dem Steuer sitzt. Der Fahrlehrer ist bei Fahrten zur Vorbereitung oder Ablegung der Prüfung verantwortlicher Führer gegenüber den Verkehrsteilnehmern. Er sei für die Verkehrsbeobachtung und Führung verantwortlich und müsse den Fahrschüler ständig beobachten und notfalls sofort eingreifen können (Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 24.03.2009, Az. 2 Ss OWi 127/2009).
Festnetz-Mobilteil darf genutzt werden
Die Benutzung eines Festnetz Mobilteils während der Fahrt fällt nicht unter das so genannte Handyverbot. Ein Bonner Autofahrer war etwa 3 km von seinem Haus entfernt, als in seiner Tasche das Mobilteil seines Festnetz-Telefons piepte. Er nahm es heraus, schaute es an und hielt es an sein Ohr. Schnurlostelefone bzw. deren „Mobilteile“ bzw. „Handgeräte“ können nach dem allgemeinen Sprachverständnis nicht als Mobiltelefone im Sinne des sog. Handyverbots angesehen werden, entschied das OLG Köln. Für den Einsatz während der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr seien sie aufgrund ihres geringen räumlichen Einsatzbereichs praktisch auch gar nicht geeignet (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18.11.2009, Az. L 7 AS 326/09 B ER).
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