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Arbeitsrecht | 14.03.2017

Sozial­kassen­verfahren­sicherungs­gesetz

Ein Gesetz zur Schnell­reparatur: SOKA-Bau, das SokaSiG und die Politik

Beginnend mit dem Januar 2006 bis einschließlich 2016 wurden die Tarif­verträge kraft Gesetzes für alle Arbeitgeber verbindlich angeordnet

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Peter Meides

Wenn ein Bau­unternehmen schlampig arbeitet, bekommt es Ärger: verweigerte Abnahme, keine Bezahlung, Nach­besserungs- oder Schaden­ersatz­forderungen. Wenn dagegen ein Ministerium pfuscht, ist das manchmal keine große Sache. Dann wird zur Reparatur mal eben ein Gesetz durch den Bundestag gejagt. Schließlich sind dort die Mehrheiten sicher.

Das jedenfalls ist der Eindruck, den man vom frisch verabschiedeten Sozial­kassen­verfahren­sicherungs­gesetz (SokaSiG) gewinnen muss. Fangen wir von vorn an:

Die SOKA-Bau

Seit Jahr und Tag zahlen Bau­unternehmen zusätzliche Sozial­kassen­beiträge für ihre Arbeit­nehmer – und das nicht zu knapp. Im Westen sind es rund 20 %, im Osten um die 17 % des Bruttolohns. In Berlin sogar noch darüber. Diese Beiträge gehen an die Sozial­kassen Bau (oder SOKA-Bau).

Selbst Solo-Selbst­ständige ohne gewerbliche Arbeit­nehmer (!) sollen mindestens 900 Euro zahlen.

Diese zusätzlichen Beiträge zahlt allein der Arbeitgeber. Sie beruhen auf keinem Gesetz, sondern auf einem – von den Tarif­vertrags­parteien vereinbarten – Tarif­vertrag.

Trotzdem müssen alle Unternehmen zahlen, auch solche, die keine Tarif­bindung haben. Denn die Tarif­verträge zur SOKA-Bau werden seit jeher vom Bundes­arbeits­ministerium für allgemein­verbindlich erklärt – und gelten damit für alle überwiegend bauge­werblich tätigen Betriebe. Diese Erklärungen heißen unter Juristen „Allgemein­verbindlicherklärungen“ (oder AVE).

Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

Genau dabei wurde jedoch geschlampt. Gutachter für die verpfuschten Allgemein­verbindlicherklärungen waren gewissermaßen die obersten deutschen Arbeits­richter.

Fehler 1: Als diese Erklärungen zustande kamen, galt noch die Voraussetzung, dass mindestens die Hälfte aller von der AVE betroffenen Arbeit­nehmer bei tarif­gebundenen Arbeit­gebern beschäftigt sein mussten (der Fachbegriff lautet „Quorum“. Dazu legten die Tarif­vertrags­parteien dem Ministerium Zahlen vor, die dieses nicht groß hinterfragte. Das Bundes­arbeits­gericht vertraute diesem Zahlenwerk nicht.

Fehler 2: Der zuständige Minister beziehungs­weise die zuständige Ministerin befasste sich nicht selbst mit der AVE. Das war aber den Richtern zufolge notwendig, unter verfassungs­rechtlichen Gesichts­punkten.

Das Bundes­arbeits­gericht erklärte die Allgemein­verbindlicherklärungen (AVE) zu bestimmten Tarif­verträgen über das Sozial­kassen­verfahren (VTV 2006 bis VTV 2014) für rechts­widrig und damit unwirksam (BAG, 21. September 2016 – 10 ABR 33/15 und 10 ABR 48/15, mehr zu Unwirksamkeit VTV 2008-2011, VTV 2014 und BAG, 25. Januar 2017 – 10 ABR 43/15 und 10 ABR 34/15, mehr zu Unwirksamkeit VTV 2012, VTV 2013). Das hat das BAG in aller Deutlichkeit fest­gestellt.

Ein Gesetz zur Schnellreparatur

Diese Entscheidungen waren für die SOKA-Bau ein echter Schlag ins Kontor. Vielen Beitrags­forderungen für die besagten Zeiträume fehlte damit die Grundlage. Rück­zahlungs­ansprüche von Unternehmen standen im Raum. Erste Beobachter sprachen von möglicher Zahlungs­unfähigkeit der Sozial­kassen-Bau.

Doch die Politik reagierte. Nach den ersten Entscheidungen am 21. September 2016 wurde ein eigenes „Gesetz zur Sicherung der Sozial­kassen­verfahren im Baugewerbe“, kurz SokaSiG, im Bundestag eingebracht und bereits am 26. Januar 2017 verabschiedet. Es passierte am 10. Februar 2017 den Bundesrat. Bemerkenswert schnell ging das: Es drängt sich der Eindruck auf, die Beteiligten waren partei­übergreifend bemüht, die Sache so rasch und geräuschlos wie möglich über die Bühne zu bringen.

Beginnend mit dem Januar 2006 bis einschließlich 2016 wurden die Tarif­verträge kraft Gesetzes für alle Arbeitgeber verbindlich angeordnet. Das Gesetz lässt sich im Prinzip auf den kurzen Nenner bringen: „Das Entscheidungen des Bundes­arbeits­gerichts haben nichts zu besagen. Die Ansprüche der Sozial­kassen sind sicher.“

Das vermaledeite Rückwirkungsverbot

Ein starkes Stück. Das SokaSiG dient im Ergebnis vor allem dazu, die Rechtsprechung des Bundes­arbeits­gerichts zu korrigieren und den jahrelangen, schlampigen Umgang mit den AVE im zuständigen Ministerium auszubügeln.

Doch gibt es da ein Problem. Grund­sätzlich dürfen Gesetze nicht rückwirkend gelten. Das ergibt sich aus dem Grundgesetz. Genau dies ist bei dem SokaSiG nach Ansicht vieler Rechts­wissenschaftler jedoch der Fall.

Die betroffenen Betriebe hatten das Recht, auf die Entscheidungen des Bundes­arbeits­gericht zu vertrauen. Der Versuch, die Fehler des zuständigen Ministeriums nun auf dem Gesetz­gebungsweg zu reparieren, wird die Gerichte beschäftigen, sobald sich die SOKA-Bau auf dieses Gesetz beruft. Am Ende voraussichtlich sogar das Bundes­verfassungs­gericht. Mal sehen, was man dort dazu meint.

Ein Fachbeitrag von

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