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Arbeitsrecht | 28.01.2022

Kündigungs­schutz

Kein Kündigungs­schutz bei erheblichen Vertrauens­bruch

Unbefugtes Lesen von Mails nebst Weitergabe von Daten an Fremde recht­fertigt fristlose Kündigung

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Ronny Jänig

Viele Arbeit­nehmer müssen sich täglich um den geschäftlichen E-Mail-Verkehr kümmern. Einige auch stellvertretend für den Vor­gesetzten.

Dabei kann es passieren, dass die ein oder andere Mail dabei ist, die gar nichts mit der Arbeit zu tun hat und nicht für die Augen der Mitarbeiter bestimmt war. Aus Neugierde wird eine solche Mail dann doch mal kurz überflogen, aber ist das in Ordnung? Ob das Kopieren und Weitergeben einer privaten Mail des Arbeit­gebers einen fristlosen Kündigungs­grund recht­fertigen, hat das Landes­arbeits­gericht Köln entschieden (LAG Köln, Urteil vom 02.11.2021 - 4 Sa 290/21).

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Privaten Chatverlauf weitergeleitet - Kündigungsgrund oder Beweismittelsicherung?

Eine Verwaltungs­angestellte, die bereits seit 23 Jahren für eine evangelische Kirchen­gemeinde tätig war, durfte jahrelang auf den dienstlichen Computer des Pastors zugreifen. Diesen Zugang benötigte sie für die Buchhaltung. Eines Tages befand sich im Postfach eine E-Mail bezüglich eines gegen den Pastor gerichteten Ermittlungs­verfahrens aufgrund eines Verdachts sexueller Übergriffe auf eine Frau, welche im Kirchenasyl der Gemeinde lebt.

Daraufhin fand die Angestellte den Anhang einer anderen privaten E-Mail des Vor­gesetzten, der den Chatverlauf zwischen dem Pastor und der im Asyl lebenden Frau zeigte. Diesen Chatverlauf sicherte die Arbeit­nehmerin auf einem USB-Stick und gab ihn in der darauffolgenden Woche anonym an eine ehrenamtliche Mit­arbeiterin der Gemeinde weiter. Als das Ganze bekannt wurde hat die Kirchen­gemeinde die Arbeit­nehmerin kurzerhand fristlos gekündigt.

AG Aachen gibt Kündigungsschutzklage statt

Sie selbst versuchte sich damit zu recht­fertigen, dass sie lediglich Beweis­mittel sichern wollte, um die betroffene Frau zu schützen. Ihrer Kündigungs­schutz­klage wurde durch das AG Aachen stattgegeben. In der Begründung hätten die Richter das Verhalten der Arbeit­nehmerin zwar als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung definiert, allerdings sei eine Kündigung in Anbetracht der Länge des bisherigen, unbelasteten Arbeits­verhältnisses für unverhältnismäßig befunden worden. Denn auch für die Annahme einer Wiederholungs­gefahr habe man keine Anhalts­punkte gefunden. Die Kirchen­gemeinde ging gegen das Urteil in Berufung.

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LAG Köln: Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört

Die Berufung der Kirchen­gemeinde war erfolgreich. Die Kölner Richter hatten entschieden, dass das für die Aufgaben der ehemaligen Arbeit­nehmerin erforderliche Vertrauens­verhältnis unwiderruflich zerstört worden sei. Dadurch, dass sie ohne Befugnis die fremden Daten zur Kenntnis genommen und weitergeleitet hat, habe sie nicht nur gegen Persönlich­keitsrechte, sondern darüber hinaus auch schwer­wiegend gegen die arbeits­vertrag­liche Rücksicht­nahme­pflicht verstoßen.

Eine Rechtfertigung durch die von der Angestellten angegeben Beweg­gründe, die betroffene im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern zu wollen, läge nicht vor. Denn laut den Richtern habe sie die von ihr vorgetragenen Ziele durch ihr Handeln nicht verfolgen können.

Die Pflicht­verletzung sei außerdem dermaßen schwer gewesen, dass das Lösungs­interesse der Gemeinde dem Beschäftigungs­interesse der ehemaligen Verwaltungs­angestellten klar überwiege. Schon das erste Hinnehmen der Pflicht­verletzung sei der Kirchen­gemeinde nach objektiven Maßstäben nicht zuzumuten und der Kündigungs­schutz der Arbeit­nehmerin mithin ausgeschlossen. Eine Revision wurde seitens des LAG Köln abgelehnt.

Wie sieht es andersherum aus? – Private Mails des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz

Darf der Chef meine eingegangenen oder gesendeten E-Mails kontrollieren? Heutzutage sind die E-Mail- oder Internet­nutzung für private Zwecke manchmal schon im Arbeits­vertrag geregelt worden. Darunter kann dann zwischen einem vollständigen Nutzungs­verbot bis hin zu einer uneingeschränkten Erlaubnis bezüglich der privaten Nutzung am Arbeits­platz alles vereinbart werden. Auch der Tarif­vertrag kann unter Umständen Auskunft über entsprechende Ver­einbarungen geben.

Wenn die Arbeit­nehmer hin und wieder mal ihre privaten E-Mails checken und keiner was dagegen sagt, könnte man gegebenenfalls auch schon von einer Duldung der privaten Nutzung sprechen. Wird das über einen langen Zeitraum so gehandhabt, liegt sogar eine sogenannte betrieb­liche Übung vor. Selbst, wenn das private Surfen über einen längeren Zeitraum bewusst toleriert wurde, darf dies aber auch nicht ausufern und mehr Zeit in Anspruch nehmen als das Erfüllen der betrieblichen Aufgaben! Wer beispiels­weise von 30 Arbeits­tagen 5 davon zu privaten Zwecken im Internet verbracht hat, der sollte von der Kündigung nicht überrascht sein (LAG Berlin, Urteil vom 14.01.2016 – 5 Sa 657/15).

Wurde das private Surfen im Internet ausdrücklich erlaubt, dann ist eine Über­prüfung durch den Arbeitgeber nicht rechtens im Sinne des Daten­schutzes und des Fernmelde­geheimnisses. Anders sieht die ganze Sache natürlich aus, wenn die Nutzung explizit verboten wurde. Eine dauerhafte und systematische Über­wachung würde das Recht auf informationelle Selbst­bestimmung sowie das allgemeine Persönlichkeits­recht verletzen, ABER eine anlass­bezogene Kontrolle ist nicht generell verboten.

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Private E-Mails für den Chef sind tabu!

Am besten sollte man private Mails, die offen­sichtlich und für jeden erkennbar an den Chef gerichtet sind, ohne dessen Erlaubnis nicht direkt lesen. Daraus lässt sich dann auch schluss­folgern, dass man solche E-Mails, deren Inhalte und Anhänge auch auf gar keinen Fall unbefugt an Dritte weitergeben sollte. Denn ein Kündigungs­schutz ist in Folge des Urteils durch das LAG Köln ausgeschlossen, wenn das Handeln des Betroffenen einen Vertrauens­bruch in derartigem Ausmaß darstellt, dass ein Weiter­bestehen des Arbeits­verhältnisses unzumutbar wäre.

Für Fragen stehen wir Ihnen gerne unter der Telefonnummer (030) 280 43 600 zur Verfügung.

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