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Familienrecht | 01.04.2021

Abstammungs­recht

„Mit-Mütter“ als rechtliche Eltern? OLG Celle schaltet jetzt Karls­ruhe ein

BVerfG soll zu rechtlicher Anerkennung von „Mit-Müttern entscheiden

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Ronny Jänig

Der Druck auf das bestehende deutsche Abstammungsrecht steigt. Dieses sieht vor, dass die gleich­geschlechtliche Partnerin einer Mutter die Rechte und Pflichten des zweiten Elternteils nicht von Gesetzes wegen mit der Geburt des Kindes, sondern nur über eine Adoption erlangen kann. Dies hält das Oberlandes­gericht Celle für verfassungs­widrig (OLG Celle, Beschluss vom 24. März 2021 – 21 UF 146/20).

Der Rechts­streit betrifft zwei Frauen, die in einer gleich­geschlechtlichen Partnerschaft verheiratet zusammen­leben. Mithilfe einer anonymen Samenspende wurde eine der beiden schwanger. Noch bevor sie das Kind zur Welt brachte erkannte ihre Partnerin mittels einer notariell be­urkundeten Erklärung ihre Mit-Mutter­schaft an. In der Erklärung hieß es, „dass sie unbedingt, uneingeschränkt und von Geburt an die Eltern-Verantwortung für das Kind übernehmen“ wolle.

Standesamt lehnte Feststellung der „Mit-Mutterschaft“ ab

Das zuständige Standesamt konnte hiermit wenig anfangen. Einer solchen Mit-Mutter­schaft würde schließlich die geltende Rechtslage im Wege stehen.

Geltende Recht kennt nur eine Mutter

Es kam zum Rechts­streit, der schließlich beim OLG Celle landete. Auch hier stellten die Richter fest, dass sie dem Paar nicht helfen konnten, weil die geltenden gesetzlichen Regelungen im Familienrecht dies nicht hergeben würden. Nach Paragraf 1591 BGB sei Mutter nun mal die Frau, die das Kind geboren hat. Daneben gebe es halt noch den Vater. Das sei der Mann, der mit der Mutter verheiratet ist, die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft von einem Gericht fest­gestellt wurde.

Wie auch im Rahmen der Vaterschaftsanfechtung komme es nun einmal darauf an, dass eine genetische Verwandt­schaft bestehe. Diese fehle aber bei der Mit-Mutter. Der Gesetzgeber habe zwar mit der Ehe für alle den gleich­geschlechtliche Partnerschaften zu einer Gleich­stellung verholfen. Das Abstammungs­recht habe er aber bewusst nicht angepasst.

Hat der Gesetzgeber die Mit-Mütter vergessen?

Das Gerechtigkeits­empfinden des OLG Celle scheint jedoch auf der Seite der Mütter zu stehen. Die Richter sehen nämlich in der fehlenden gesetzlichen Regelung einer Mit-Mutter­schaft eine Verletzung des verfassungs­rechtlich geschützten Eltern­rechts. Dies hatte der Bundes­gerichts­hof (BGH) in einer früheren Ent­scheidung noch anders gesehen.

Das OLG Celle führte aus, dass „die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegenden Pflichten“ seien. Die Verpflichtung der Eltern beruhe darauf, dass diese dem Kind das Leben gegeben haben und ihnen sozial und familiär verbunden sind. Dies sehe auch das Bundes­verfassungs­gericht so. Aus diesem Grund hat das OLG Celle dann auch genau dieses Bundes­verfassungs­gericht angerufen. Der Gesetzgeber müsse in die Pflicht genommen werden, die Eltern­stellung von Mit-Eltern gesetzlich zu begründen und näher auszugestalten.

Eltern schauen nach Karlsruhe

Eine Ent­scheidung des Bundes­verfassungs­gerichts in Karlsruhe ist in dieser Frage sicherlich geboten. Die Berührung verfassungs­rechtlicher Grundrechte sowohl der Eltern als auch des Kindes ist offen­sichtlich.

Es ist wohl an der Zeit, dass sich das Abstammungs­recht wieder ein Stückchen der Lebens­wirklichkeit moderner Familien anpasst. Dass eine Frau, die sich mit ihrer Partnerin ent­schließt ein Kind zu bekommen und aufzuziehen nicht schlechter gestellt sein sollte, als ein anonymer Samen­spender, der an diesem Projekt beteiligt ist, drängt sich auf.

Bei dieser Gelegenheit sollte man gleich über die rechtliche Situation von zwei Männern in gleich­geschlechtlicher Ehe mit Kinder­wunsch nachdenken. Auch hier sind offene Fragen zu klären

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