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Arbeitsrecht | 20.10.2016

SOKA-BAU

Urteil des BAG zum Sozial­kassen­verfahren: Allgemein­verbindlichkeit ist unwirksam

Allgemein­verbindlichkeit des Sozial­kassen­tarif­vertrags 2008, 2010 und 2014 ist unwirksam

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Peter Meides

Das Bundes­arbeits­gericht hat das Unerwartete getan: Der 10. Senat hat die Allgemein­verbindlichkeit von Tarif­verträgen über das Sozial­kassen­verfahren für unwirksam erklärt. Bislang geht es um Allgemeinv­erbindlicherklärungen von 2008, 2010 und 2014.

Allgemeinverbindlichkeit ist unwirksam

Lange Zeit galt: Ein jedes Unternehmen mit baugewerblicher Tätigkeit muss Beiträge zur SOKA-BAU bezahlen. Die Tarif­parteien im Baugewerbe schlossen einen Tarif­vertrag über das Sozial­kassen­verfahren ab, das Bundes­ministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erklärte ihn für allgemein­verbindlich, und damit waren auch nicht tarif­gebundene Bau-Arbeitgeber in der Beitrags­pflicht.

Nun hat das Bundes­arbeits­gericht jedoch mit zwei Entscheidungen die Allgemein­verbindlich­erklärung des Sozial­kassen­verfahrens für drei zurückliegende Zeit­abschnitte gekippt (BAG, 21. September 2016 – 10 ABR 33/15 und 10 ABR 48/15).

Die Entscheidungen, die am 21. September 2016 ergingen, beziehen sich zwar vorerst nur auf die Beitrags-Zeiträume:

  • Oktober 2007 bis Dezember 2009
  • Januar 2010 bis Dezember 2011
  • Januar bis Dezember 2014

Weitere Verfahren mit gleicher Stoßrichtung sind jedoch bereits anhängig, insbesondere für die Jahre 2012, 2013 und 2015. Und auch für weitere Tarif­verträge des Bauwesens, die für allgemein­verbindlich erklärt wurden, könnte es bald heißen: die Allgemein­verbindlichkeit ist unwirksam.

Entscheidungsgründe: Fehlende Ministerbefassung, mangelhaftes Zahlenmaterial

Zwei Gesichts­punkte waren für die Richter ausschlaggebend:

Zum einen stuften sie die Allgemeinv­erbindlicherklärungen als sogenannte Normsetzung ein. Dazu muss sich jedoch der zuständige Minister höchst­persönlich mit der Sache befassen, das hatten seinerzeit weder Olaf Scholz noch Ursula von der Leyen getan.

Außerdem hat sich das BAG sehr genau mit dem früher geltenden so genannten Quorum (§ 5 Absatz 1 TVG a.F.) auseinandergesetzt. Für die Allgemein­verbindlich­erklärung hätten mindesten 50 Prozent der Arbeit­nehmer bei tarif­gebundenen Arbeit­gebern beschäftigt sein müssen. Zwar hatte die SOKA BAU dazu Zahlen vorgelegt, die das BMAS übernahm. Dem Gericht waren Erhebung und Zuordnung dieser Werte aber viel zu ungenau.

Und nun?

Vieles muss man noch abwarten. Aber eines ist klar: Die Erklärung der Allgemein­verbindlichkeit ist unwirksam und das hat, wie es das BAG selbst ausdrückt, „zur Folge, dass im maßgeblichen Zeitraum nur für tarif­gebundene Arbeitgeber eine Beitrags­pflicht zu den Sozial­kassen des Baugewerbes bestand. Andere Arbeitgeber der Baubranche sind nicht verpflichtet, für diesen Zeitraum Beiträge zu leisten.“

Nachforderungen der SOKA BAU für die genannten Zeiträume fehlt nun die Rechts­grundlage. Ob Unternehmen jedoch bereits bezahlte Beiträge zurück­fordern können, ist unklar und hängt vom Einzelfall und einer ganzen Reihe materiell- und prozess­rechtlicher Fragen ab.

Die Begründung des BAG lässt sich auf weitere für allgemein­verbindlich erklärte Tarif­beschlüsse anwenden. Vielleicht stehen auch der Bundes­rahmen­tarif­vertrag Baugewerbe und der Mindestlohn­tarif­vertrag schon bald auf dem Prüfstein.

Die Entscheidung bedeutet dagegen ausdrücklich nicht, dass für Bau­unternehmen ohne Tarif­bindung die Beiträge an die SOKA BAU nun Geschichte sind. Das BMAS wird in Zukunft allerdings sorgfältiger arbeiten müssen.

Haben Sie Fragen – oder selbst Ärger mit der SOKA-BAU?

Die Beratung und Vertretung von Unternehmen bei Streitig­keiten mit den Sozial­kassen des Baugewerbes ist einer der Haupt­schwerpunkte meiner Tätigkeit als Fach- und Wirtschafts­anwalt.

Wenn Sie Fragen dazu haben, was aus den Entscheidungen des BAG für Ihr Unternehmen folgt, dann rufen Sie mich doch einfach an: 069 95929790

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