Das Gericht begründet dies mit der grundsätzlichen Regelung des § 314 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 323 Absatz 2 BGB. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht einer Kündigung dann entgegen, wenn mildere Mittel in Betracht kommen, um eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Wenn es bei der vorgeworfenen Pflichtverletzung, mit der die Kündigung begründet wird, um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dieses Verhalten bereits durch die Androhung von negativen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis positiv beeinflusst werden kann.
Abmahnung nur verzichtbar, wenn künftige Verhaltensänderung nicht zu erwarten
Für eine solche Androhung ist in der Regel eine Abmahnung geeignet und ausreichend. Eine solche Abmahnung ist – so das Landesarbeitsgericht – deshalb Voraussetzung gleichermaßen für eine ordentliche wie auch außerordentliche (fristlose) Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung.
Nicht erforderlich ist eine vorherige Abmahnung hingegen nur dann, wenn bereits im Vorfeld erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist.
Vorherige Abmahnung auch bei Verdacht von Straftaten
Das Landesarbeitsgericht betont, dass diese Grundsätze auch uneingeschränkt dann gelten, wenn es um Störungen des Vertrauensbereichs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geht – etwa bei Straftaten gegen Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers. Auch in diesem Bereich gebe es keine „absoluten“ Kündigungsgründe. Vielmehr ist immer „zu prüfen, ob nicht objektiv die Prognose berechtigt ist, der Arbeitnehmer werde sich jedenfalls nach einer Abmahnung künftig wieder vertragstreu verhalten (so bereits Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10.06.2010 – Az. 2 AZR 541/09).