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Fehler bei Listenplätzen der FDP
Als die FDP NRW ihre Liste für die Landtagswahl am 14. Mai 2017 beim Landeswahlleiter eingereicht hatte, stand dort auf dem - eher aussichtsreichen - Listenplatz 24 Frau Martina Hannen und auf dem - eher weniger aussichtsreichen - Listenplatz 48 Herr Christian Sauter.
Listenplatz vertauscht
Von ihrer Partei waren sie aber genau umgekehrt nominiert worden, Frau Hannen hatte Rang 48 und Herr Sauter Rang 24. 28 Mitglieder stark wird die Fraktion der FDP im neuen Landtag. Aber Frau Hannen hatte bereits bei Bekanntwerden der Verwechslung im April 2017 angekündigt, auf ihr Mandat verzichten zu wollen. Alles gut, weil die FDP so oder so 28 Mitglieder in den Landtag entsenden wird? Eher nein.
Küttner verweist auf Entscheidung des OVG NRW aus 2016
Erst 2016 hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eine Liste einer Partei zur letzten Kommunalwahl für ungültig erklärt, weil die Mitglieder der Partei nicht ordnungsgemäß zu der parteiinternen Nominierungswahlveranstaltung eingeladen waren. Das führte dazu, dass diese Partei mit der Zweitstimme nicht gewählt werden konnte. Die Kontrolldichte ist also sehr hoch. Und es geht heute wieder um eine unkorrekt gebildete Liste, denn Irrtum der Geschäftstelle hin oder her, die eingereichte Liste ist nicht die, welche nach der parteiinternen Wahl hätte eingereicht werden müssen. Wenn also bei der Kommunalwahl eine unkorrekte Liste keine Berücksichtigung bei der Wahl finden durfte, dann ist es nur konsequent, wenn dies jetzt auch der Fall ist. Zwar ist eine Kommunalwahl keine Landtagswahl und über eine Anfechtung der Landtagswahl würde nicht das OVG Münster, sondern der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen entscheiden.
Die Anforderungen an die Richtigkeit und Rechtmäßigkeit des Verfahrens werden aber deshalb nicht geringer sein.
„Es ist bereits nicht in Ordnung, wenn es zu solchen Vorfällen wie der hier in Rede stehenden Vertauschung von Listenplätzen kommt, aber noch weniger ist es in Ordnung, wenn dies den staatlichen Kontrollorganen nicht auffällt und Wähler dann darauf vertrauen müssten, dass dennoch wohl alles mit rechten Dingen zugegangen sein wird. Schließlich heißen Hannen und Sauter verschieden, sind unterschiedlichen Geschlechts und haben aber ihren Wahlkreis in Lippe“, so Dr. Jürgen Küttner von Teipel & Partner Rechtsanwälte in Köln.
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Küttner hat Zweifel an der Gültigkeit der Wahl
„Daher hege ich Zweifel an der Gültigkeit der Wahl“, sagt Küttner. „Es ist Aufgabe des Wahlleiters, die eingereichten Wahlvorschläge und somit auch die Listen zu prüfen. Hierzu erhält der Wahlleiter unter anderem eine Niederschrift über die Versammlung der Partei, bei der die Bewerber aufgestellt wurden. Die Frage muss erlaubt sein: Wozu dient die Vorlage dieser Unterlagen, wenn nicht dazu, die Einhaltung der demokratischen Regeln bei der Kandidatenaufstellung überprüfen zu können?“
Hierzu gehört nach Auffassung von Dr. Küttner auch die Überprüfung der zutreffenden Übermittlung der gefundenen Wahlergebnisse, also der Landeslisten mit den Kandidaten in der richtigen Reihenfolge. „Wenn die Liste und die Ergebnisse in der Niederschrift nicht übereinstimmen, muss der Wahlleiter einschreiten. Tut er dies nicht, liegt ein Wahlfehler vor, der für die personelle Zusammensetzung des Landtages entscheidend ist. Das muss zur Ungültigkeit der Wahl führen.“
Wer jetzt behauptet, das sei alles nicht so schlimm, insbesondere, weil alle Beteiligten der Auffassung sind, dass es sich doch um ein Versehen handele, dass so etwas mal vorkommen könne und niemandem ein Schaden entstanden sei, schließlich habe Frau Hannen angekündigt, auf ihr Mandat verzichten zu wollen und auch Herr Sauter füge sich in sein Schicksal, muss sich aus Sicht von Dr. Küttner zweierlei entgegenhalten lassen:
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Landtag wäre jetzt anders besetzt
„Erstens hätte bei richtiger Behandlung der Angelegenheit Herr Sauter ein Mandat im Landtag errungen, der Landtag wäre daher personell anders besetzt. Wenn es, wie bei den zu erwartenden Kräfteverhältnissen zwischen Regierungsparteien und Opposition, auf jede Stimme ankommt, wird die Dimension der hier in Rede stehenden Problematik sofort deutlich. Zweitens haben alle Bürgerinnen und Bürger des Landes einen Anspruch darauf, dass die Wahlen einwandfrei und unmanipulierbar stattfinden. Heute mag es sich bei der Vertauschung von Listenplatz 24 mit 48 um ein Versehen der Geschäftsstelle der FDP handeln. Aber was ist, wenn zur nächsten Wahl die Geschäftsstellen der Parteien die aus ihrer Sicht geeigneteren Mitglieder in den Wahllisten höher platzieren? Wollen wir dann tatsächlich jedesmal prüfen, ob das Versehen gewesen sind, mit denen alle einverstanden waren oder gezielte Manipulationen?“
Die Konsequenz aus der Nichtkorrektur des vorliegenden Fehlers wäre, dass die Geschäftsstellen zukünftig freie Hand bei der Einreichung der Listen hätten und nicht befürchten müssten, dass der Wahlleiter genau hinsehen wird, weil das Vertauschen von Listenplätzen folgenlos bleiben wird. Gerade in politischen Parteien hat es jedoch demokratisch zuzugehen. Und dazu gehört, dass die Kandidaten einer Partei auch exakt in der Reihenfolge zur Wahl anzumelden sind, in der sie von den Mitgliedern ihrer Partei auf die Landeswahlliste gewählt wurden. Geschieht das - aus welchen Gründen auch immer - nicht, hat der Wahlleiter dies zu beanstanden. Darauf müssen alle Bürgerinnen und Bürger vertrauen dürfen.