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Mietrecht | 03.08.2018

Inkasso­dienst­leistung

Ist die Abtretung von Ansprüchen einer Mietpartei gemäß „Mietpreis­bremse“ an eine geschäfts­mäßig tätige Gesellschaft wirksam oder nicht?

Dieses Rechts­problem wird sehr kontrovers diskutiert und hat bisher zu unterschiedlichen Entscheidungen geführt

Die mit Miet­streitigkeiten befassten Zivil­gerichten haben vermehrt Rechts­streitigkeiten zu entscheiden (gehabt), in denen es darum geht, ob eine Gesellschaft berechtigt ist, sich von einer Mietpartei Ansprüche aus dem Miet­verhältnis (z.B. wegen überhöhter Miete aufgrund der Vorschriften über die Mietpreis­bremse) abtreten zu lassen und diese dann gegenüber der Vermieter­partei geltend zu machen.

Die maßgebliche Gesellschaft (im Folgenden: Klägerin) ist in das Rechts­dienst­leistungs­register eingetragen und damit befugt, Inkasso­dienst­leistungen zu erbringen. Sie hat sich in einer Vielzahl von Fällen (vermutete) Ansprüche abtreten lassen und wendet sich dann vorgerichtlich an die Vermieter­seite. Soweit keine Einigung erzielt werden kann, verfolgt die Klägerin – dann regelmäßig durch zugelassene Rechtsan­wältinnen oder Rechts­anwälte vertreten – die Ansprüche vor Gericht weiter.

Unterschiedliche Rechtsauffassung der jeweils zuständigen Gerichte

Das jeweils zuständige Gericht muss beurteilen, ob die geschäfts­mäßig von der Klägerin erbrachten Tätigk­eiten sich noch im Rahmen der erlaubten Inkasso­tätigkeiten bewegen oder darüber hinaus eine unerlaubte Rechts­dienst­leistung darstellen und damit die Abtretung wirksam oder nichtig ist. Das Rechts­problem wird sehr kontrovers diskutiert, hat zu mehreren Berufungs­verfahren vor dem Landgericht Berlin und zu bisher unterschiedlichen Entscheidungen geführt:

LG hält Abtretung von Ansprüchen für wirksam

Land­gerichts Berlin hat am 20. Juni 2018 in einem Berufungs­urteil verkündet, indem es die Abtretung für wirksam gehalten hat. Inkasso­unternehmen übernähmen umfassend die Verantwortung, dafür, fremde Rechte oder Vermögens­interessen durch­zusetzen. Indem bei der Registrierung die zuständige Behörde prüfe, ob die dort tätigen Personen über ausreichendes Wissen verfügten, werde der Rechts­verkehr ausreichend geschützt. Die von der Klägerin erbrachten Tätigk­eiten bewegten sich innerhalb des von der Inkasso­erlaubnis gesetzten Rahmens, für die sie die besondere theoretische und praktische Sachkunde nachgewiesen habe. Soweit eine substanzielle Rechts­prüfung erforderlich sei, stehe dieser Umstand nicht entgegen, sondern sei der Grund dafür, dass die Inkasso­tätigkeit erst nach ent­sprechender Erlaubnis erfolgen dürfe.

Auch AG Lichtenberg bejaht Wirksamkeit der Abtretungen

Das Amtsgericht Lichtenberg hat in einem Urteil vom 4. Januar 2018, die Auffassung vertreten, dass die Abtretungen wirksam seien. Die vorgerichtlichen Tätigk­eiten der Klägerin seien vom Umfang der Inkasso­befugnis gedeckt und stellten keine darüber hinaus­gehende Rechts­besorgung dar.

AG Tempelhof-Kreuzberg sieht Rechtsdienstleistungen nicht von Inkassotätigkeit gedeckt

Einige Abteilungen des Amts­gerichts Tempelhof-Kreuzberg, darunter die Abteilung 24 in einem Urteil vom 16. Januar 2018, sind dagegen der Auffassung, dass die Klägerin nicht erfolgreich klagen könne. Die Abtretungen seien nichtig, da jene Rechts­dienst­leistungen erbringe, die nicht von ihrer Inkasso­tätigkeit gedeckt seien. Denn die Klägerin beschränke sich nicht darauf, bereits entstandene, fällige Forderungen zu bewerten und für die Gläubiger­seite einzuziehen. Vielmehr müsse sie erst umfassend prüfen, ob ein solcher Anspruch überhaupt bestehe; zudem müsse auch erst eine Rüge gegenüber der Vermieter­seite ausgesprochen werden. Der Anspruch auf Rück­zahlung überhöhter Miete hänge aber auch von dieser Rüge ab. Sofern außer­gerichtlich keine Einigung mit der Vermieter­seite erzielt werden könne, beauftrage die Klägerin eine Vertrags­anwältin bzw. einen Vertrags­anwalt. Auch dies erfordere eine rechtliche Bewertung und gehe über die bei Inkasso­tätigkeiten erlaubten Tätigk­eiten hinaus.

Urteilsverkündung in zwei Berufsverfahren demnächst anberaumt

Gegen das vorgenannte Urteil der Abteilung 24 ist Berufung eingelegt worden; die dafür zuständige Zivilkammer 66 des Land­gerichts Berlin hat einen Verkündungs­termin (zu dem die Parteien nicht erscheinen müssen) am 13. August 2018 um 14:00 Uhr in Saal 3807, Standort Litten­straße, anberaumt.

Land­gerichts Berlin hat in einem Berufungs­verfahren gegen ein Urteil der Abteilung 6 des Amts­gerichts Lichtenberg einen Verkündungs­termin am 28. August 2018, 12:00 Uhr, Saal 3123, Standort Litten­straße, anberaumt.

Rechtsanwaltskammer Berlin macht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend

Es gibt ferner einen weiteren Rechts­streit, in dem sich die Klägerin auf der Beklagten­seite befindet. Die Rechts­anwalts­kammer Berlin hat gegen die Gesellschaft Klage erhoben und macht wettbewerbs­rechtliche Unter­lassungs­ansprüche geltend. Die Kammer ist der Auffassung, die Gesellschaft erbringe von ihrer Inkasso­erlaubnis nicht gedeckte Rechts­dienst­leistungen, indem sie außer­gerichtlich in klassischer Weise rechts­beratend tätig sei. Dies führe zu Wettbewerbs­nachteilen für die Mitglieder der Kammer, die zugelassenen Rechtsan­wältinnen und Rechts­anwälte. Die für diese Klage zuständige Zivilkammer 15 des Land­gerichts Berlin hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Oktober 2018, 12:00 Uhr, Saal 2601, Standort Litten­straße, anberaumt.

Quelle: DAWR
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