Auch in den Koalitionsverhandlungen von Jamaika ging es schon hoch her zum Thema Sammelklage. Vielleicht einer der zahlreichen Gründe, warum Herr Lindner sich jetzt wie ein trotziges Kleinkind aufführt, das an der Kasse des Supermarktes von seiner Mama unbedingt noch den Schokoladenlolli spendiert bekommen wollte. Wie auch immer unsere Reichen und Mächtigen sich nun einigen werden — Thema wird die Sammelklage bleiben.
Vorbild USA?
Verbraucherschutzverbände fordern sie schon seit Jahren. Was in den USA schon längst gängige Praxis ist, soll endlich auch in Deutschland möglich sein. Pauschal ist das Vorbild USA natürlich mit Vorsicht zu genießen (siehe Trump oder Chlorhühnchen, je nachdem welches Beispiel Ihnen besser gefällt).
Die Sammelklage ermöglicht es mehreren Betroffenen gegen dasselbe Unternehmen gemeinsam zivilrechtlich vorzugehen und etwa Schadenersatzansprüche durchzusetzen. Sind die Fälle ähnlich gelagert, wird für alle Betroffenen einheitlich ein Urteil gefällt. Sie können dadurch ihre Ressourcen bündeln und auch die Gerichte entlasten.
Robin Hood im Gerichtssaal
In Deutschland wurde die Sammelklage bisher kritisiert, weil große Kanzleien die betroffenen Firmen erpressen würden — ein jahrelanger papieraufwändiger Rechtsstreit würde viele Unternehmen wohl früher oder später in den Ruin treiben.
Aber gerade der VW-Skandal hat doch gezeigt: Wenn es um die mächtigen Konzerne geht, die bei uns sogar politischen Rückenwind genießen, geht der betrogene Verbraucher hierzulande einfach leer aus. Er bleibt auf der Wertminderung seines Autos sitzen, das darüber hinaus auch noch viel umweltschädlicher ist, als er dachte. Nur gemeinsam scheint es Verbrauchern vergönnt, auch den Großen die Stirn zu bieten.
Europa schaltet sich ein
Denn auch von europäischer Seite kommt nun Wind in die Sache. Hintergrund ist die Klage des österreichischen Datenschutz-Helden Max Schrems gegen Facebook. Er wurde berühmt, als er vor zwei Jahren ein Datenaustausch-Abkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zu Fall brachte.
Jetzt klagt Max gegen Facebook, weil er seine Rechte auf Privatsphäre und Datenschutz verletzt sieht. Dabei wollte er sich mit sieben weiteren Nutzern zusammentun, die ebenfalls gegen Facebook wegen Verletzung des Datenschutzes vorgehen. Der österreichische oberste Gerichtshof hatte den Fall zur Klarstellung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen. Dort stellte der Generalanwalt Michal Bobek des Gerichts jetzt fest: Nach derzeitigem europäischen Verbraucherschutzrechte sei eine Sammelklage nicht möglich.
Aber, so Bobek, eine Sammelklage sei eine Möglichkeit, Verbraucherschutzrechte effektiv zu schützen und Gerichte zu entlasten. Mit einem deutlichen Wink des Zaunpfahls erklärte er, es sei nicht Aufgabe des Gerichts solche Möglichkeiten zu schaffen, sondern Aufgabe des Gesetzgebers.