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Arbeitsrecht | 08.12.2020

Kündigung

Kündigungs­schutz­klage bei Be­triebs­still­legung erfolglos

Be­triebs­still­legung ist betrieblicher Kündigungs­grund

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Peter Meides

Eine Be­triebs­still­legung recht­fertigt grund­sätzlich eine wirksame betriebsbedingte Kündigung. Die betriebs­wirtschaftlichen Gründe der Stilllegung sind dabei nicht von Belang. Gegen die soziale Rechtfertigung spricht auch nicht, dass dem Betrieb als Teil einer Unternehmens­gruppe wichtige Dienst­leistungen von anderen Konzern­gesellschaften bereit­gestellt wurden. Das hat das Landes­arbeits­gericht Schleswig-Holstein in einem Kündigungs­schutz­prozess bestätigt, der zugunsten des Arbeit­gebers entschieden wurde.

Geklagt hatte ein Arbeit­nehmer, der seit fast zwanzig Jahren in einem kleineren Betrieb zur Herstellung von Spritzgießw­erkzeugen in Tornesch in Schleswig-Holstein beschäftigt gewesen war. Der Betrieb beschäftigte rund 40 Mitarbeiter, es gab keinen Betriebsrat. Einige Jahre zuvor hatte ihn eine internationale Unternehmens­gruppe mit Sitz in Nordrhein-Westfalen übernommen, die technische Bauteile für die Automobil-, Elektronik- und Möbel­industrie fertigt.

Hersteller von Spritzgusswerkzeugen wird liquidiert

Da es nicht gelang, den zugekauften Betrieb kosten­deckend zu führen oder weiter­zuverkaufen, beschloss die Mutter­gesellschaft als einzige Gesellschafterin im Rahmen eines Gesellschafter­beschlusses die Liquidierung. Sie übermittelte der Arbeits­agentur die in diesem Fall erforderliche Massen­entlassungs­anzeige und ließ die Auflösung des Betriebs im Handels­register eintragen. Außerdem wurde den Arbeit­nehmern betriebs­bedingt gekündigt. Gleich­zeitig wurden sie bis auf den kaufmännischen und den Betriebs­leiter freigestellt.

Sozialauswahl fehlerhaft und Kündigung ungerechtfertigt

Ein zentrales Argument des Arbeit­nehmers war, dass das Werk in Schleswig-Holstein nicht eigenständig, sondern ein gemeinsamer Betrieb mit der Mutter­gesellschaft gewesen sei. Deshalb sei die Sozial­auswahl fehlerhaft und die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Als Begründung führte er an, dass wichtige Unternehmens­aufgaben wie die IT-Verwaltung, der Einkauf und die Lohn­buchhaltung von der Mutter­gesellschaft in Nordrhein-Westfalen erledigt worden waren. Diese hatte dazu einen Service-Vertrag mit der Tochter in Schleswig-Holstein abgeschlossen, genau wie mit ihren anderen Tochter­gesellschaften. Außerdem wurden beide Gesellschaften vom gleichen Geschäfts­führer geführt.

Arbeitsgericht bestätigt die Massenentlassung

Der Kündigungs­schutz­klage des Arbeit­nehmers war allerdings kein Erfolg beschieden. Das galt sowohl für das Arbeits­gericht Elmshorn als erste Instanz, wie auch für die Berufung ans Landes­arbeits­gericht Schleswig-Holstein in Kiel.

Schon das Arbeits­gericht stellte fest, dass mit den Gesellschafter­beschlüssen zur Betriebs­stillegung und Liquidation das „Beschäftigungs­bedürfnis“ weggefallen sei. Damit lag dem Gericht ein stichhaltiger Grund für eine betriebsbedingte Kündigung vor. Die Richter ließen sich auch nicht vom Vorliegen eines Gemeinschafts­betriebs überzeugen. Eine Sozial­auswahl sei entbehrlich gewesen. Die Massen­entlassungs­anzeige sei wirksam.

Betriebsstilllegung und Kündigungsschutz

Das Landes­arbeits­gericht schloss sich dieser Sichtweise im Wesentlichen an. Die Richter verwiesen auf die laufende Rechtsprechung des Bundes­arbeits­gerichts. Demnach ist bei Stilllegung eines gesamten Betriebs eine sozial gerecht­fertigte Kündigung aus betrieblichen Gründen möglich.

Die Motive der Mutter­gesellschaft für die Stilllegung waren für die Richter unerheblich. Sie sahen auch keinen Grund für eine verpflichtende Sozial­auswahl, da sämtlichen Arbeit­nehmern des Betriebs gekündigt worden war.

Dafür, dass über eine unter­nehmerische Zusammen­arbeit innerhalb des Konzerns hinaus ein gemeinsamer Betrieb mit mehreren Arbeit­gebern und arbeit­geber­übergreifendem Personal­einsatz bestand, sahen die Richter keine Belege. Dies hätte der Arbeit­nehmer beweisen müssen.

Längst nicht jede Kündigungsschutzklage hat Erfolg

Unterm Strich ergibt sich das Bild einer Kündigungs­schutz­klage, die trotz wenig tauglicher Argumente bis in die zweite Instanz verfolgt wurde.

Zum einen ist es für Arbeitgeber natürlich erfreulich, dass längst nicht jede Kündigungs­schutz­klage von Erfolg gekrönt ist. Auch im Fall von Massen­entlassungen gilt: Wenn eine Kündigung auf solider Grundlage erfolgt, wird sie selbst vor dem Arbeits­gericht standhalten.

Auf der anderen Seite zeigt sich erneut, dass Arbeit­nehmer mitunter trotz schlechter Prognose Kündigungs­schutz­klage erheben. Darauf sollte man als Arbeitgeber eingestellt sein.

Ein weiterer, wichtiger Aspekt: Auf Diskussionen über die betriebs­wirtschaftliche Notwendigkeit einer Betriebs­stillegung müssen Arbeitgeber sich im Kündigungs­schutz­prozess nicht einlassen. Das OLG Schleswig-Holstein drückte es klar aus: „Selbst, wenn keine schwierige wirtschaftliche Situation vorgelegen hätte, wäre die Kündigung infolge der beabsichtigten Be­triebs­still­legung gerechtfertigt.“

Haben Sie Fragen zu Kündigung, Massenentlassung, Betriebsstilllegung?

Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeits­recht und damit der richtige Ansprech­partner für Arbeitgeber, die wirksame Kündigungen aussprechen, Massen­entlassung anzeigen oder Be­triebs­still­legung umsetzen müssen.

Sie erreichen Rechtsanwalt Dr. Meides unter ffm@meides.de oder unter 069 959 29790.

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