Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitten im Jahr stellt sich zunächst die Frage, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer überhaupt zustehen. Die Zahl der Urlaubstage ist für gewöhnlich im Arbeitsvertrag geregelt, wobei der gesetzliche Mindesturlaub des § 3 Bundesurlaubsgesetzt (BurlG) von 24 Werktagen bei einer Sechs-Tage-Woche nicht unterschritten werden darf.
Voller Urlaubsanspruch ab zweiter Jahreshälfte
Der volle Jahresurlaub steht dem Arbeitnehmer ab der zweiten Jahreshälfte zu. Wird das Arbeitsverhältnis also nach dem 1. Juli eines Jahres beendet, steht dem Arbeitnehmer der volle Urlaub zu. Wird hingegen während der ersten Jahreshälfte gekündigt, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf anteiligen Urlaub von einem Zwölftel der Urlaubstage pro vollem Beschäftigungsmonat.
Urlaubsanordnung durch Arbeitgeber
Im laufenden Arbeitsverhältnis kann der Arbeitnehmer frei entscheiden, wann er seinen Urlaub nimmt, sofern nicht wichtige betriebliche Belange dagegen sprechen. Im Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber jedoch – auch gegen den Willen des Arbeitnehmers – Urlaub anweisen, so dass zum Wirksamwerden der Kündigung der Urlaub vollständig genommen ist und der Arbeitnehmer sich keinen Resturlaub mehr auszahlen lassen kann.
Allerdings kann der Arbeitgeber nur Urlaub im Rahmen des bereits entstandenen Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers anordnen. Scheidet der gekündigte Arbeitnehmer aber nicht mehr im noch laufenden Jahr, sondern erst im Folgejahr aus dem Arbeitsverhältnis aus, so kann der Arbeitgeber nicht anordnen, dass die Urlaubstage des Folgejahres schon genommen werden. Denn der Urlaubsanspruch des nächsten Jahres ist auf Seiten des Arbeitnehmers noch gar nicht entstanden.
Freistellung von der Arbeit
In vielen Fällen ist es aber so, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei einer Kündigung (widerruflich) bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeit freistellt. Insbesondere dann, wenn die Kündigung durch den Arbeitgeber selbst ausgesprochen wurde. Denn einem zwangsweise gekündigten Arbeitnehmer ist die weitere Arbeit im Unternehmen kaum mehr zuzumuten – zumal die Motivation zur ordentlichen Arbeitsleistung kaum mehr vorhanden sein wird.
Ausdrückliche Anordnung der Urlaubsanrechnung
In einem solchen Fall der Freistellung durch den Arbeitgeber verfällt der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers zunächst einmal nicht. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber keine weitere Erklärung zur Freistellung abgibt. Allerdings hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, ausdrücklich anzuordnen, dass die Freistellung unter Anrechnung des (konkret zu benennenden) Resturlaubs erfolgt. Während einer Erkrankung des Arbeitnehmers kann übrigens keine Verrechnung des Urlaubs mit der Freistellung erfolgen.
Kündigungsvergleich
Vorsicht ist geboten vor schriftlichen Erklärungen, die der Arbeitgeber vorlegt. Denn dem Arbeitnehmer ist es unbenommen, die Kündigung zu akzeptieren und darauf zu verzichten, rechtlich gegen sie vorzugehen – genauso wie er freiwillig Abgeltungsklauseln vereinbaren kann, wonach der Urlaub mit der Freistellung abgegolten wird.
Prozessvergleich vor dem Arbeitsgericht
Im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht schließen die Parteien häufig einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis gegen Bezahlung einer Abfindung für beendet erklärt wird. Dabei sollten Arbeitnehmer an eine Regelung über noch offene Urlaubstage denken.
Abgeltung der offenen Urlaubstage
Gibt es hingegen keinen Vergleich über offene Urlaubstage und konnte der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinen Urlaub nicht mehr nehmen, so hat er Anspruch auf Auszahlung der offenen Urlaubstage in Geld.