Der betroffenen Autofahrerin wurde ein Geschwindigkeitsverstoß vorgeworfen. Als Beweismittel diente die Messung eines PoliScan-Speed-Blitzgeräts der Firma Vitronic.
Der Sachverständige Roland Bladt konnte jedoch nachweisen, dass der Messalgorithmus dieses Geräts für die Messwertbildung prinzipiell nicht den Vorgaben zur Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) entspricht.
PoliScan Speed: Verstoß gegen die Bauartzulassung
Der Blitzer PoliScan Speed arbeitet mit der laserbasierten LIDAR-Technologie und dient der Geschwindigkeitsmessung von Fahrzeugen. Diese erfolgt per Laufzeitmessung in einem bestimmten Messfeld. Laut Nennbetriebsbedingungen der PTB-Bauartzulassung dürfen nur bestimmte Rohdaten zur Messwertbildung beitragen. Zulässig sind allein jene Messungen, bei welchen der Abstand zwischen Fahrzeug und Gerät 50 bis 20 Meter beträgt. Sachverständiger Bladt hat allerdings festgestellt, dass auch Objektpunkte außerhalb dieses Messbereichs in die Messwertbildung einfließen können. Somit liegt ein klarer Verstoß gegen die Auflage in den Nennbetriebsbedingungen der PTB-Bauartzulassung vor.
Sämtliche Softwareversionen sind von der Abweichung betroffen
Alle zugelassenen Systeme der PoliScan-Familie nutzen eine identische Messfunktion zur Messwertbildung. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass sämtliche derzeit gültige Software (Versionen 1.5.5, 3.2.4 und 3.7.4) von den Fehlmessungen betroffen ist.
Vitronic und PTB widersprechen nicht
Während der Gerichtsverhandlung gab der Hersteller zu, dass Rohdaten, die außerhalb des benannten Messbereichs liegen, durch den Algorithmus in die Messwertbildung einfließen. Auch dem PTB ist dieser Umstand bekannt. Dies geht aus einem internen Schreiben an das Amtsgericht Mannheim vom Juni dieses Jahres hervor. Allerdings pocht die Bundesanstalt darauf, dass „eine exakte Übereinstimmung der aus den Rohdaten extrahierten Informationen zum Messbereich [...] keine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer als gültig zu erachtenden Messung [ist].“ Vor Gericht bestritt die PTB jedoch, Kenntnisse von diesen möglichen Messungenauigkeiten zu haben.
Einzelfallprüfungen sind erforderlich
Allerdings kann nicht pauschal behauptet werden, dass sämtliche Messungen der PoliScan-Speed-Geräte falsch sind. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Rohdaten, welche zur Messwertbildung beigetragen haben, die Bedingungen der Bauartzulassung einhalten oder nicht. Um Einsicht in die relevanten Daten zu erhalten, ist es notwendig, einen Anwalt für Verkehrsrecht zu beauftragen.
Siehe auch:
- Anwaltsliste Radarfalle: Welcher Anwalt hilft mir, wenn ich geblitzt wurde und einen Bußgeldbescheid sowie Punkte wegen zu schnellen Fahrens erhalten habe?
- Amtsgericht Bremen hat Zweifel an Richtigkeit der Messungen von Vitronic PoliScan Speed: Anwalt erreicht Freispruch
- PoliScan Speed: Pony gerät mit 59 km/h in Radarfalle - nur 50 km/h waren erlaubt