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Bankrecht und Kapitalanlagenrecht | 11.04.2016

Widerrufs­joker

Darlehens­widerruf: OLG Celle bestätigt wiederholt Fehler­haftigkeit weiterer Widerrufs­belehrungen der Sparkassen

Mit Umsetzung der EU-Wohn­immobilien­kredit­richtlinie endet das „ewige Widerrufs­recht“

Entscheidungsbesprechung von Rechtsanwalt Hermann Kaufmann

In mehreren von der Kanzlei Kaufmann geführten Verfahren hat das OLG Celle die Kreis­spar­kasse Verden und die Kreis­spar­kasse Syke auf die Fehler­haftigkeit eines Belehrungs­musters hingewiesen, welches die Sparkassen im Zeitraum 2002 – 2008 sehr häufig verwendet haben. Nach der Rechtsprechung des OLG Celle sind damit eine Vielzahl von Alt­verträgen aus den Jahren 2002 bis 2008 (und darüber hinaus aus anderen Gründen) mit guten Erfolgs­aussichten widerrufbar.

Belehrungsmuster enthält fehlerhafte Formulierungen

Dieses Belehrungs­muster des Deutschen Sparkassen­verlags haben Sparkassen bundesweit übernommen.

Der Text der Widerrufs­belehrung enthält

  • neben einer fehler­haften Formulierung über den Fristbeginn (die Formulierung „die Frist beginnt frühestens“ betrachtet der BGH seit langem als undeutlich und damit fehlerhaft)
  • auch Fußnoten­zusätze („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“).
  • Hinzu kommt eine textliche Umgestaltung durch den Sparkassen­verlag. In der Belehrung­spassage über „Finanzierte Geschäfte“ haben die Sparkassen regelmäßig einen eigenen, im gesetzlichen Mustertext nicht vorgesehenen Satz hinzugenommen („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücks­gleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen…“).

Diese Änderungen führen gemeinsam mit der fehler­haften Formulierung („frühestens“) zur Unwirksamkeit der Widerrufs­belehrung, weshalb die Wider­rufs­frist zu keinem Zeitpunkt zu laufen begann, wenn sich eine solche Widerrufs­belehrung im Darlehens­vertrag befindet. Alt­verträge (ab November 2002) mit solchen Widerrufs­belehrungen können deshalb noch heute wirksam widerrufen werden.

Gericht lässt Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung nicht gelten

Den häufig von Banken­seiten vorgebrachten Einwand des Rechts­missbrauchs und der Verwirkung lässt das OLG Celle regelmäßig nicht gelten. Weil die Sparkassen nicht den damals für Widerrufs­belehrungen geltenden gesetzlichen Mustertext verwendeten, sind sie regelmäßig nicht schutzbedürftig. Vielmehr sah das Gesetz vor, dass die Wider­rufs­frist zu keinem Zeitpunkt zu laufen begann, weshalb Alt­verträge noch heute widerrufen werden können.

Sparkassenkunden sollten ihre Verträge fachanwaltlich prüfen lassen

Alle Sparkassen­kunden, die in den Jahren 2002 bis 2008 die oben aufgeführte Widerrufs­belehrung in ihren Verbraucher­darlehens­verträgen auffinden, sollten einen Widerruf des Vertrags in Betracht ziehen und fachanwaltlich prüfen lassen.

Achtung: Widerruf endet zum 21.06.2016

Die Zeit für einen Widerruf drängt! Ein Widerruf der Alt­verträge ist nur noch bis zum 21.06.2016 möglich, also bis einschließlich Montag den 20. Juni 2016. Hintergrund für das Ende des „ewigen Widerrufs­rechts“ ist die Umsetzung der EU-Wohn­immobilien­kredit­richtlinie, welche der Gesetzgeber (wohl auf Lobbyarbeit der Banken­verbände hin) zum Anlass nahm, die legitime Widerrufs­möglichkeit für Alt­verträge (zwischen 2002 und 2010) gesetzlich zu beenden.

Eine Entscheidungsbesprechung von [Anbieter­kenn­zeichnung]

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