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Zu Dir oder zu mir?
Sex ist künftig nur noch an sicheren Orten erlaubt. Das sind nicht etwa, wie man meinen könnte, Orte, an denen Sie vor den Augen der Öffentlichkeit sicher sind. Im Gegenteil: Die alles entscheidende Frage nach dem ersten Kennenlernen „Zu Dir oder zu mir?“ sparen Sie sich künftig lieber – jedenfalls, wenn Sie alleine leben.
Denn auch ohne dass ein klares „Nein“ fallen müsste, droht dem Mann - aber auch der Frau - eine Verurteilung wegen Vergewaltigung, wenn man beim Geschlechtsverkehr eine Lage ausnutzt, in der das Opfer schutzlos ist (§ 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB). Eine solche Schutzlosigkeit stellt nach geltender Rechtsprechung bereits die Wohnung des Täters her, wenn er diese allein bewohnt. Das Opfer ist schließlich seinem ungehemmten Einfluss des Täters ausgesetzt, ohne dass es fremde Hilfe erwarten könnte.
Künftig treffen Sie sich zum Sex also besser nur noch an Orten, wo zur Not mit hilfsbereiten Menschen zu rechnen ist, etwa einer WG oder dem Elternhaus. Aber Vorsicht, zu belebt darf der Platz auch wieder nicht sein: Sex in der Öffentlichkeit gilt als Erregung öffentlichen Ärgernisses und war bereits nach altem Recht strafbar.
Einfach mal im Bett landen oder: der gute alte Flirt
Im realen Leben kommen sexuelle Kontakte selten auf dem direkten Pfad der Kommunikation zustande. Selbst bei gern als Sex-Plattform bezeichneten Internetdiensten wie Tinder oder in sozialen Netzwerken bahnen sich sexuell getriebene Abenteuer zumeist mit einem höflichen „Hey, wie geht's?“ an.
Man könnte, was im Vorfeld von Sex geschieht, Subtext nennen, Flirt vielleicht, oder einfach Erotik. Das Wenigste davon passiert - auch wenn die Befürworter der Reform das anders zu sehen scheinen - auf verbalem Wege. Oder wie oft stellen Sie im Schlafzimmer Katalogfragen wie: „Möchtest Du, dass ich jetzt deine Brust streichele und dann deinen Intimbereich und wir dann miteinander in der XY-Stellung Sex haben?“ Aus diesem Grund stand auch Gerichten ein gewisser Beurteilungsspielraum bei der Frage zu, ob ein Nein im Einzelfall als Nein gewertet werden soll oder nicht.
Bisher – denn jetzt steht doch im Gesetz, dass Nein Nein heißt. Oder?
Keineswegs. Im Gesetz steht nun, dass sich wegen sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung strafbar macht (§ 177 Abs. 1 StGB), wer gegen den erkennbar entgegenstehenden Willen (also auch ohne ein klar ausgesprochenes Nein) sexuelle Handlungen an einer Person vornimmt.
Wann ein solcher entgegenstehender Wille erkennbar ist und wann nicht, definiert das Gesetz allerdings nicht – das ist der richterlichen Auslegung überlassen. Kann ein trauriger Blick jetzt genügen, um als ein deutliches Zeichen eines erkennbar entgegenstehenden Willens zu genügen?
Sicherheitshalber sollten Sie künftig vor jeder sexuellen Handlung – auch innerhalb ein und desselben Geschlechtsaktes – explizit nachfragen, ob die jeweilige Handlung gewollt ist. Am besten alle 10 bis 20 Sekunden. Aber achten Sie bitte auf die Formulierung: Wenn Sie fragen „Möchtest Du, dass ich aufhöre?“, würde ein „Nein“ nicht „Nein“, sondern „Ja“ heißen!